Am Tag nach dem US-Angriff auf ein Dorf an der syrisch-irakischen Grenze ranken sich Spekulationen um die Hintergründe der Tat und die Identität der Opfer. Bei der Operation auf der al-Sukariah-Farm nahe des Grenzorts Abu Kamal wurden nach syrischen Angaben 8 Menschen getötet - allesamt Zivilisten.
Einem Augenzeugenbericht zufolge griffen vier amerikanische Hubschrauber aus dem Irak kommend ein im Bau befindliches Gebäude an. Fernsehbilder zeigen einen Kleinlaster, der offenbar beschossen wurde, daneben Blutlachen und ein Zelt, das die Opfer offenbar bewohnten. Die US-Armee hat sich bislang nicht offiziell zu dem Angriff, der sich gestern gegen 16 Uhr 45 Ortszeit ereignete, geäußert. Ein namentlich nicht genannter Offizieller der US-Armee erklärte jedoch, man habe "die Sache in die eigenen Hände genommen." Sollten sich die Berichte bestätigen, wäre dies der erste US-Angriff auf Syrien.
Bislang gibt es keine unabhängige Bestätigung dafür, dass es sich bei den Toten um zivile Opfer handelt. Die Vermutung liegt nahe, dass der Angriff sunnitischen Extremisten galt, die möglicherweise auf dem Weg in den Irak waren, oder das syrische Grenzland als Rückzugsgebiet nutzten. Abu Kamal grenzt direkt an die irakische Provinz Anbar, die noch immer ein Ziel ausländischer Kämpfer ist, die sich al-Qaida anschließen.
In der Vergangenheit wurde Syrien von den USA häufig beschuldigt sunnitische Aufständische zu unterstützen oder zumindest ihre Einreise in den Irak stillschweigend zu billigen. Im Dezember 2007 lobt jedoch der damalige Oberbefehlshaber der Koalitionsstreitkräfte im Irak, General Petraeus die wachsende Kooperation der Syrer, die nun deutlich mehr unternähmen um den Zustrom ausländischer Kämpfer zu stoppen.
Seit einem Jahr bemüht sich Syriens Präsident Bashar al-Assad zudem verstärkt um eine Annäherung an die EU und die USA. Die Beziehungen mit dem Libanon wurden normalisiert, indirekte Friedensverhandlungen mit Israel aufgenommen. Diese Schritte wurden von Europa mit Wohlwollen aufgenommen, Washington zeigt dem syrischen Regime jedoch weiterhin die kalte Schulter.
Der gestrige Angriff ist durchaus geeignet Syrien weiter zu destabilisieren und Assads Macht zu schwächen. Es ist bereits die zweite Verletzung der nationalen Souveränität, die sich Damaskus gefallen lassen muss. Im vergangenen Jahr hatte die israelische Luftwaffe einen mutmaßlichen Nuklearreaktor in der syrischen Wüste zerstört, etwa 200 Kilometer vom Ort des gestrigen Angriffs entfernt. Im letzten Monat erschütterte ein Bombenanschlag einen Vorort der syrischen Hauptstadt.
Einige Beobachter bringen die Militäroperation zudem mit den am 4. November bevorstehenden Präsidentenwahlen in den USA in Zusammenhang. Demnach war der Angriff ein letztes Muskelspiel der Neokonservativen in Washington, die damit Wahlkampfhilfe für den republikanischen Bewerber John McCain leisten wollten. Der Angriff solle zeigen, dass die Lage im Nahen Osten weiterhin kompliziert sei und der "Krieg gegen den Terror" fortgeführt werden müsse.
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