14 Monate nach Ende des Zweiten Libanonkriegs hat die Hizbollah ihr Waffenarsenal wieder auf Vorkriegsniveau gebracht und ein sicheres Kommunikationsnetzwerk aufgebaut - dies geht aus dem sechsten Halb-Jahres-Bericht über die Umsetzung der UN Resolution 1559 hervor, der gestern vom UN-Sondergesandten Terje Roed-Larsen vorgelegt wurde.
Im Kern fordert die am 2.September 2004 vom UN-Sicherheitsrat verabschiedete Resolution 1559 den Abzug Syriens, die Entwaffnung der Hizbollah, sowie die Ausweitung der Kontrolle der libanesischen Regierung über das gesamte Staatsgebiet.
Zumindest in letzterem Punkt habe, so der Bericht, Libanons Regierung in den letzten 6 Monaten weitere Fortschritte erzielt, etwa durch die Niederschlagung der Fatah al-Islam im palästinensischen Flüchtlingslager Nahr al-Bared. Der vollständige Abzug syrischer Soldaten, miltärischer Anlagen und des Militärgeheimdienstes sei ebenfalls erfolgt. Keine Einigung habe es bislang jedoch über die Aufnahme umfassender diplomatischer Beziehungen zwischen Syrien und Libanon, die Demarkation der gemeinsamen Grenze sowie über die Zugehörigkeit der Shebaa-Farmen gegeben.
Zudem habe Roed-Larsen Informationen von Mitgliedsstaaten der UN erhalten, "die die Verdächtigungen zu erhärten scheinen, dass Syrien den Zustrom von Waffen und Kämpfern über die syrisch-libanesische Grenze erleichtert."
Am 8.Oktober habe der Norweger einen Brief des libanesischen Ministerpräsidenten Fuad Siniora empfangen, der Informationen über Verhöre einzelner Kämpfer der Fatah al-Islam enthalte. Demnach plante die Organisation die Kontrolle über weite Teile des Nordlibanon zu erlangen, das Land durch Anschläge auf die Regierung und Wirtschaftsunternehmen zu destabilisieren und weitere Attentate auf die UNIFIL-Truppen durchzuführen. Ziel der Fatah al-Islam sei es gewesen, "die Regierung zu stürzen, die demokratische Wahle eines neuen Präsidenten in Frage zu stellen sowie die Zusammenstellung des Tribunals für den Anschlag auf den ehemaligen Ministerpräsidenten Rafiq Hariri und andere zu behindern.", heißt es in dem Brief weiter dessen Wahrheitsgehalt die UN nicht überprüfen könne.
Die Fatah al-Islam-Kämpfer seien nach Sinioras Angaben mit Hilfe der "Volksfront für die Befreiung Palästinas - Generalkommando" (PFLP-GC), die ihren Sitz in Damaskus hat, über die syrisch-libanesische Grenze gelangt. Der Plan der Fatah al-Islam sei mit Unterstützung des syrischen Geheimdienstes entstanden. "Der syrische Geheimdienst hat die Fatah al-Islam benutzt um ihren politischen und sicherheitspolitischen Zielen im Libanon zu dienen", so der libanesische Regierungschef.
Am 19.Oktober habe Roed-Larsen der Brief des stellvertretenden syrischen Außenministers erreicht, in dem dieser die Anschuldigungen Sinioras als "Desinformation" zurückweist. Syrien sei vielmehr "bereit, seinen libanesischen Brüdern zu helfen, die Kluft zwischen ihren unterschieldichen Positionen zu überbrücken und bekräftigt seinen Wunsch bessere Beziehungen zwischen den beiden Ländern auf verschiedenen Ebenen aufzubauen." Zudem habe Syrien seinen Teil der Verpflichtungen, die sich aus Resolution 1559 ergaben, erfüllt. Man tue das Möglichste um den Waffenschmuggel über die Grenze zu verhindern und habe die Zahl der Grenzschützer verdoppelt. Die Vereinten Nationen seien jedoch nicht in der Lage die Informationen der syrischen Regierung zu verifizieren, ebenso wenig wie die von Hassan Nasrallah erhobenen Anschuldigungen, nach denen Israel hinter den Anschkägen im Libanon stecke.
Die Situation in den palästinensischen Flüchlingslagern stelle noch immer eine große Herausforderung für die Stabilität des Libanon dar, so der norwegische Diplomat in seinem Bericht weiter. Neben der Fatah al-Islam gebe es weitere Gruppen wie die Jund al-Sham und die Usbat al-Ansar, die miltärisch ausgebildet seien und Kontakte zu al-Qaida unterhielten. In Folge der Kämpfe in Nahr al-Bared hätten 32000 Menschen das Lager verlassen müssen. Die große Mehrheit von ihnen sei ins nahe Camp Baddawi geflohen, etwa 5000 hätten in Palästinenserlagern in Beirut oder Tyros Zuflucht gesucht. Die inner-palästinensischen Kämpfe zwischen Fatah und Hamas wirkten sich auch in den Lagern im Libanon aus, erst Anfang Oktober seien im Lager Miyeh-Miyeh zwei Menschen bei einem Schusswechsel zwischen Anhängern der verfeindeten Gruppen verletzt worden.
Die Hizbollah betreffend erklärt Torje-Larsen, er habe "Informationen von der israelischen Regierung und anderen Mitgliedsstaaten" erhalten, nach denen die Miliz ihre militärische Stärke im Vergleich zu den Monaten vor dem Krieg wieder ausgeglichen und sogar ausgebaut habe. Gleichwohl habe die UNIFIL keine Beweise für militärische Aktivitäten südlich des Litani-Flusses, also in jenem Bereich für den die Blauhelme Verantwortung tragen, feststellen können. Dennoch behindere der Fortbestand einer parallelen Militär- und Kommunikationsstruktur durch die Hizbollah die Ausdehnung der Kontrolle durch die libanesische Regierung über den gesamten Staat. Die Transformation der Hizbollah in eine rein politische Partei sie unabdingbar für die vollständige Wiederherstellung der libanesischen Souveränität. Alle Parteien des Libanon seien aufgerufen den Nationalen Dialog wiederaufzunehmen.
Auch andere Gruppen im Libanon hätten sich im vergangenen halben Jahr bewaffnet. Dies bezeichnet Torje-Larsen als "eine der beunruhigsten Entwicklungen" im Libanon, weil dadurch die Gefahr bewaffneter Zusammenstöße zwischen rivalisierenden Milizen steige.
Die Wahl eines neuen Präsidenten sei unentbehrlich für eine Lösung der politischen Krise im Libanon. Die konkurrierenden Lager des Landes seien aufgefordert, den von Parlamentssprecher Nabih Berri initiierten Dialog forzuführen.
Donnerstag, 25. Oktober 2007
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