Samstag, 22. Dezember 2007

Die Krise im Libanon - Eine unendliche Geschichte?

Das Jahr 2007 geht zu Ende, ohne dass eine Lösung der Krise im Libanon in Sicht ist. Eine für heute geplante Parlamentssitzung ist auf den kommenden Sonnabend verschoben worden, dass dann tatsächlich ein neuer Staatspräsident gewählt wird ist jedoch höchst unwahrscheinlich.

Zwar haben sich das Regierungslager "14.März", das von den USA und Frankreich protegiert wird, und die Oppositionsgruppen des "8.März", unter denen die schiitischen Bewegungen Amal und Hizbollah enge Beziehungen zu Syrien und Iran pflegen, im Prinzip auf die Wahl des Armeechefs Michel Sleiman verständigt. Streitpunkte sind jedoch die Modalitäten der Verfassungsänderung, die für die Wahl Sleimans von Nöten wäre und die Zusammensetzung der künftigen Regierung, die vom neuen Staatspräsidenten eingesetzt wird.

Das Regierungslager besteht darauf, dass über die Besetzung des neuen Kabinetts erst nach der Präsidentschaftswahl entschieden wird. Die Opposition, allen voran Michel Aoun der das Amt des Präsidenten als populärster christlicher Politiker im Libanon selbst für sich beansprucht, fordert vor einer Wahl Sleimans jedoch Zugeständnisse. Gemäß der Sitzverteilung im Parlament sollten 45% der Ministerposten von der Opposition besetzt werden, die damit sämtliche Regierungsentscheidungen blockieren könnte, da diese einer Zwei-Drittelmehrheit im Kabinett erfordern. Diese Forderung basiert auf dem Nationalen Pakt aus dem Jahre 1943, der verlangt, dass alle großen Konfessionen des Landes - Sunniten, Schiiten und Maroniten - angemessen in der Regierung repräsentiert sein müssen.

Außerdem will die Opposition verhindern, dass der Ministerpräsident weiterhin von der Mustaqbal-Bewegung, der stärksten sunnitischen Partei des Landes gestellt wird. Wie das Amt des Staatspräsidenten mit Sleiman müsse auch der Regierungschef neutral sein und keinem der verfeindeten politischen Lager des Libanon angehören. Wenn er als Führer der stärksten christlichen Fraktion im Parlament auf das Amt des Staatspräsidenten verzichte, müsse Saad Hariri als Führer der größten sunnitischen Fraktion im Gegenzug auf das Amt des Ministerpräsidenten verzichten, forderte Aoun wiederholt.

Ein Weg aus dieser Krise ist momentan kaum zu entdecken. Es verdichten sich jedoch die Anzeichen, dass es bezüglich der libanesischen Präsidentenwahl kein Abkommen zwischen den USA und Syrien am Rande der Annapolis-Konferenz gegeben hat. Die von Syrien unterstützten Bewegungen Hizbollah und Amal stehen unverändert an der Seite Aouns, dessen Forderungen die Wahl bislang blockieren.

Vor diesem Hintergrund ist auch die Option wieder auf dem Tisch, nach der das Regierungslager mit ihrer einfachen Parlamentsmehrheit einen neuen Präsidenten wählt. Dies ist gemäß der Verfassung zwar möglich, wäre in der Geschichte der libanesischen Konsensdemokratie jedoch ein beispielloser Vorgang. Unterstützung erhielten das Regierungslager am Donnerstag von US-Präsident George Bush, als dieser erklärte ein auf diesem Weg gewählter Präsident solle von der Staatengemeinschaft anerkannt werden. Ob Bush dabei die Konsequenzen eines solchen Vorgangs für den Libanon in Betracht gezogen hat, erscheint zweifelhaft.

Die letzten Wochen haben einmal mehr deutlich gezeigt, dass der Libanon zum wichtigsten Schauplatz eines syrisch-amerikanischen Kräftemessens geworden ist. Der US-Präsident mischt sich öffentlich in die Innenpolitik des Zedernstaats ein und ruft im Gegenzug Syrien auf selbiges zu unterlassen. Gleichzeitig fordert Syriens Außenminister Walid Muallim die Umsetzung der von der libanesischen Opposition gestellten Forderungen.

Appelle von Oppositionspolitikern, namentlich von Hizbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah, die Wahl des Präsidenten dem libanesischen Volk zu überlassen, wurden von der Regierungsseite bislang stehts zurückgewiesen. Der Verweis auf die libanesische Verfassung, der eine direkte Wahl des Staatsoberhauptes nicht vorsieht ist letztlich nicht schlüssig, da das Regierungslager andererseits zu einer Verfassungsänderung bereit ist, die eine Wahl Sleimans durch das Parlament ermöglicht.

Letztlich legt das Verhalten des Regierungsbündnisses hinsichtlich einer direkten Wahl des Präsidenten den Schluss nahe, dass sich das Lager im Klaren darüber ist, dass es die Mehrheit der Bürger gegen sich hat.