Samstag, 15. Dezember 2007

Heiliger Kampf und Heiliger Krieg im Islam und Christentum

Hier der erste Teil einer Seminararbeit von Philipp Spalek:

„Jetzt seht: Ich bin es, nur ich, und kein Gott tritt mir entgegen. Ich
bin es, der tötet und lebendig macht. Ich habe verwundet, nur ich werde heilen. Niemand kann retten, wonach meine Hand gegriffen hat. Ich hebe meine Hand zum Himmel empor und sage: So wahr ich ewig lebe: Habe ich erst die Klinge meines Schwertes geschliffen, um das Recht in meine Hand zu nehmen, dann zwinge ich meinen Gegnern die Strafe auf und denen, die mich hassen, die Vergeltung. Meine Pfeile mache ich trunken von Blut, während mein Schwert sich ins Fleisch frisst – trunken vom Blut Erschlagener und Gefangener, ins Fleisch des höchsten feindlichen Fürsten. Erhebt das Siegesgeschrei, ihr Himmel zusammen mit ihm, werft euch vor ihm nieder, ihr Götter! Denn er erzwingt die Strafe für das Blut seiner Söhne und entsühnt das Land seines Volkes.“ [1]


Der Krieg ist auf Grund der brutalen, erschütternden Auswirkungen, die er hervorruft, und den furchtbaren menschlichen Konsequenzen ein sehr schwieriges Thema. Das Ausmaß eines Krieges kann nicht nur an den Opferzahlen und Verwundeten gemessen werden; die tiefen Gräben und Vorurteile, die ein Krieg in der Geschichte zweier Völker, Staaten oder Religionen hinterlässt, stehen oft im Widerspruch zur geschichtlichen, kulturellen und religiösen Realität. Fast alle Kulturen und Religionen haben Krieg zum eigenen Erhalt gerechtfertigt und geheiligt. Große spirituelle und intellektuelle Gestalten aller Zeiten haben dem Krieg eine mystische und theologische Bedeutung gegeben.

Kriege sind ein zeitlich und räumlich begrenztes Phänomen. Ob als Heiliger Krieg zur Befreiung religiös bedeutender Territorien, oder als andauernder Kampf zur Verbreitung des Glaubens, haben die tatsächlichen kriegerischen Auseinandersetzungen doch in einer historisch festlegbaren Zeitspanne stattgefunden. Auf die Zeit des Krieges folgt die Zeit des Friedens. Die Bedeutung eines „Krieges für den Frieden“ mag paradox klingen, ist aber mit der Rationalität Einzelner zum Schutz des eigenen friedfertigen Systems betrachtet, nachvollziehbar.

Gegenstand dieser Arbeit sind Heilige Kriege. Doch was sind Heilige Kriege? Die vorliegende Arbeit hat weder die Aufgabe die Entwicklung des Heiligen Krieges und des Ğihad in allen Einzelheiten darzustellen, noch die Inhalte und Gemeinsamkeiten der Kämpfe vollständig herauszuarbeiten. Eine kurze Darstellung der Bedeutung des Krieges bzw. Kampfes in beiden Religionen ist jedoch für das spätere Verständnis des Vergleiches nötig. Die Darstellung der Gemeinsamkeiten am Ende der Arbeit beschränkt sich auf die wichtigsten Parallelen, da für eine umfassende Herausarbeitung eine wesentlich höhere Seitenzahl vonnöten wäre.

Die Problematik bei der Aufarbeitung des heiligen Kampfes im Islam entsteht bei der Auswertung der Literatur über den mittelalterlichen Ğihad. Wie auch schon Carl Erdmann bemerkte,[2] beschäftigt sich die Literatur zumeist entweder mit den Anfängen des Ğihad im Frühislam oder des gegenwärtigen Phänomens. Die Veröffentlichungen von Axel Havemann und Bassam Tibi versuchen diese Lücke zu schließen; setzten bei ihren Betrachtungen jedoch auch in der frühen Entwicklungsphase des Ğihad an.

Auffällig an der Arbeit Tibis ist die stetige Verweisung auf seine religiösen Hintergrund als Muslim. Mit einer differenzierten Darstellung und der Erläuterung eigener Interpretationsgrundlagen sensibilisiert er den Leser für ein weiterhin aktuelles Thema und lässt eine rege Beschäftigung mit postkolonialen Theorien erkennen. Seine Herkunft aus einer Gesellschaft, in der im 21. Jh. die historischen blutigen Auseinandersetzungen der Kreuzzüge noch immer zu einem aktuellen Thema gehören, fließt in seine Arbeit ein und lässt den Leser die Existenz der noch heute tiefen Gräben zwischen den Zivilisationen erahnen.

2. Christliches Europa und die islamische Expansion

Durch die voranschreitende islamische Expansion sah sich das europäische Abendland der Bedrohung eines aus der arabischen Halbinsel neuerwachsenen Feindes gegenüber. Die ersten Eroberungswellen erreichten die südlichen Mittelmeerstaaten bereits im 8. Jahrhundert. Nachdem zunächst eine längerfristige Eroberung Siziliens scheiterte, konnte sich das ummayadische Kalifat auf der Iberischen Halbinsel etablieren. Die Idee eines heiligen Krieges im Namen des einzigen Gottes, wie das christliche Abendland die Eroberung verstand, hatte sich bis vor die Tore der innereuropäischen Grenzen geschoben. Der Islam war nicht mehr das alleinige Problem der Byzantiner. Die machtpolitischen Verschiebungen rund um das Mittelmeer lösten das römische Erbe der christlichen Einheit auf.

Doch woher kam diese ungezügelte Kraft, den Willen Gottes in einer explosionsartigen Eroberungswelle über den Vorderen Orient, den Maghreb bis hinauf an die Grenzen Frankreichs zu verbreiten? Woher stammte das kriegerische Potenzial dieser Kämpfer nomadischen Ursprungs? Wie konnte darauf eine Antwort erfolgen?

Die Möglichkeit aus der Bibel eine Lehre zum Umgang mit dem Islam zu ziehen, blieb dem Christentum durch die bereits knapp 600 Jahre frühere Entstehung verwehrt; eine umfassende Lehre zur Verteidigung und Ausbreitung der Religion mit militärischen Mittel fehlte.

Das Aufkommen einer Bedrohung von Westen und Osten formte die christliche Gesellschaft neu und brachte den Zwang der Auseinandersetzung mit einer neuen religiösen und politischen Bedrohung mit sich. Die langsame Entwicklung eines heiligen Krieges von den Anfängen der Reconquista bis zu den Kreuzzügen kann nicht losgelöst von der globalen politischen und religiösen Entwicklung gesehen werden. Bassam Tibi greift die These von Henri Pirenne auf[3], der die Ursache einer Neuformung Europas durch den Aufstieg des Islam begründet:

„Mit den Karolingern gewann Europa eine neue, entscheidende Ausrichtung. Ihre Bedeutung läßt sich nur durch die vom Islam hervorgerufenen Veränderungen des Gleichgewichts erklären [...] (Der Aufstieg) der Karolinger [...] läßt sich großenteils nur aus dem Abschluß des Mittelmeeres durch die Sarazenen erklären.“[4]

Die Anführung der weitreichenden Entwicklungen rund um das Mittelmeer und die dadurch bedingte Neuformung Europas lässt eine Betrachtung der heiligen Kämpfe im Islam und Christentum nur in enger Verflechtung zu.

Eine differenzierte Betrachtung des gerne gebrauchten Schlagwortes „Ğihad“, dessen Einfluss auf den heiligen Kampf des Christentums und seine Bedeutung für die muslimische und globale Gemeinschaft, ist zur Vorbeugung einer stereotypen Anschauung unerlässlich.

3. Der heilige Kampf im Islam

Die muslimischen Eroberungen werden arabisch als futuh oder futuhat bezeichnet.[5] Hergeleitet von der Wurzel des Verbes fataha („öffnen/erobern“) bedeutet dies nicht nur Eroberung im militärischen Sinne, weiter wird futuh auch mit der Bedeutung „Öffnung“ oder „Beginn“ verwendet. Die polyseme Verwendung des Wortes futuh impliziert ein ganz eigenes Selbstverständnis der islamischen Expansion. Um sich diesem Selbstverständnis nähern zu können, muss man zunächst die islamische Einteilung der Welt in zwei Zonen, das Gebiet des Islam (dar al-Islam) und das Gebiet des Krieges (dar al-harb), betrachten.

Als dar al-Islam wird jenes Gebiet bezeichnet, das bereits unter islamische Herrschaft gefallen ist, dar al-harb dagegen ist das gesamte Gebiet außerhalb des dar al-Islam, das es noch gilt der islamischen Herrschaft zu unterwerfen. Das höchste Ziel ist die Erreichung des Friedens, der nur unter der Herrschaft des Islam universal sein kann. Die Bezeichnung der Eroberungen als „Öffnung“ bzw. „Öffnung der Welt“ beschreibt somit die Öffnung der ungläubigen Welt für den Islam. Diese eindeutige Zweiteilung der Welt ließ dem Islam den Spielraum für eine zweifache Definition des Krieges.

Der Ğihad, von dem arabischen Verb ğahada („streben“) abgeleitet, bezeichnet die Pflicht eines jeden Muslims für den Erhalt der islamischen Gemeinschaft (Umma) und dessen Ausbreitung zu streben. Unter dem „Streben“ oder der „Anstrengung“ ist nicht zwangsläufig der bewaffnete Kampf gegen die Ungläubigen gemeint, eher steht das allumfassende Ringen um Wahrheit und Gerechtigkeit im Vordergrund. Bei einer differenzierten Betrachtung des Ğihad lassen sich insgesamt vier verschiedene Ebenen der „Anstrengung“ eines Muslims herausarbeiten. Zunächst die spirituelle Ebene, die den persönlichen Kampf gegen das Böse und die Sünde einschließt; die „mündliche Anstrengung“, zur Verurteilung von Ungerechtigkeiten und dem Einsatz für die Verbreitung der „Botschaft des Friedens“ kann mit dem Missionierungsgedanken im Christentum verglichen werden. Die beiden letzten Ebenen des Ğihad auferlegen einem Muslim die Pflicht aktiv gegen bestehendes Unrecht die Hand zu erheben und als Mittel dieses Ziel zu erreichen auch das Schwert zu erheben.[6]

Der Koran kennt sechs wichtige Wörter für die Bezeichnung von bewaffneten menschlichen Konflikten.[7] Mich werden besonders die beiden zentralen Begriffe harb und qital beschäftigen, wobei ich mich auf die für mich bisher am differenziertesten herausgearbeitete Definition von Bassam Tibi stütze.[8]

Die Verwendung der Worte qital und harb in der Lehre des Islam lassen eine eindeutige Einteilung des bewaffneten Kampfes in qital, als gerechten Kampf der Gläubigen und harb, als ungerechten, aggressiven Kampf der Ungläubigen zu. Qital, im Arabischen allgemein in der Bedeutung „Kampf“ oder „Bekämpfung“ verwendet, steht eindeutig im Kontrast zu dem eigentlichen Wort für politischen Krieg, harb. Der Koran kennt eine strikte Trennung zwischen der Bekämpfung, die alleine den Muslimen gegen die Ungläubigen vorbehalten ist, und der Aggression „Idwan“, die Teil des harb ist, der von den Ungläubigen geführt wird.[9] Eine Zweiteilung in dar al-Islam und dar al-harb impliziert somit schon die Unrechtmäßigkeit eines Kampfes der Ungläubigen, während die Notwendigkeit einer Diskussion über einen ggf. gerechten oder ungerechten Krieg der Gläubigen durch die Verwendung der beiden Begriffe qital und harb schon vorweggenommen wurde. Eine philosophische Grundlage um einen Krieg als gerecht einzustufen und diesen im Namen der Religion führen zu können, wie es im Christentum das Problem war, war im Islam nicht nötig.

Innerhalb der muslimischen Gemeinde stellte sich ein anderes Problem. In welchem Falle kann sich ein Kämpfer des jenseitigen Lohnes sicher sein? Konnten sich Seeräuber und Plünderer, die Kämpfe gegen Heiden führten, dem in Aussicht gestellten Lohn der Vergebung aller Sünden, der Edelsteinkrone und der 72 Jungfrauen im Paradies gewiss sein?[10]

Die Beteilgung an einem kriegerischen Unternehmen zur Zeit Mohammeds mochte im frühen Entwicklungsstadium des Islam noch ein Opfer dargestellt haben, während der Auszug zum Kampf in späteren islamischen Eroberungswellen in die reichen Provinzen Syriens, Mesopotamiens und Ägyptens die Aussicht auf Beute erheblich steigen ließ. In einer Zeit der Bedrohung des neuen Glaubens konnte Mohammed auf die Kampfkraft weniger, aber religiös überaus begeisterter Kämpfer zurückgreifen. Ein genau definierter Zusammenhang zwischen der niya (fromme Absicht) und dem göttlichen Lohn war in diesem frühem Stadium des Islam noch nicht zwingend notwendig, erst in den späteren Jahrhunderten setzten sich muslimische Gelehrte mit dem Zusammenhang der niya und des Paradieses auseinander.[11] Ohne die Vorraussetzung der niya selbst zu benennen verkündet Mohammed in mehreren Versen des Korans unter Einsatz eigenen Gutes und Lebens für die Sache Gottes zu kämpfen:

„Jedoch der Gesandte und die Gläubigen bei ihm eifern mit Gut und Blut, und sie – das Gute wird ihnen (zum Lohn), [...]“[12]

„Glaubet an Allah und an seinen Gesandten und eifert in Allahs Weg mit Gut und Blut. Solches ist gut für euch, so ihr es wisset. Er wird euch eure Sünden verzeihen und euch in Gärten führen, durcheilt von Bächen, und in gute Wohnungen in Edens Gärten. Das ist die große Glückseligkeit.“[13]

Das Opfer, dass ein Kämpfer für seinen Gott brachte sollte auch im Diesseits nicht unbelohnt bleiben. Eine Verteilung der Beute wurde von Mohammed genau festgelegt. Ein Kämpfer, ob er an den großen Kriegsunternehmungen der kaliphischen Heere teilnahm oder seinen persönlichen Ğihad führte, war verpflichtet 4/5 seiner Beute an den Kaliphen abzuführen. 1/5 der Beute konnte er als Kriegsbeute für sich selbst und seine Familie behalten.[14] Der abgeführte Teil der Beute sollte für das Gemeinwohl der muslimischen Gemeinschaft eingesetzt werden. So konnte durch die islamischen Eroberungen eine starke Förderung der Kultur und Wissenschaft erfolgen, die zu einer Stärkung des sunnitischen Islam und dessen kulturelle Überlegenheit über die abendländische Kultur des Mittelalters führte.

In Friedenszeiten, in der kein bewaffneter Ğihad geführt wurde, konnte unter vielen islamischen Herrschern ein reger Ausbau der religiösen Kultur und der Wissenschaften beobachtet werden. So auch unter den Ayyubiden vor und zur Zeit des dritten Kreuzzugs.[15] Die Förderung der Religiösität in Kunst, Kultur und Wissenschaft ist ein wesentlicher Teil des spirituellen Ğihad, vom Sufismus auch als der große Ğihad bezeichnet.

„Kein Klosterleben im Islam“, heißt es in einer Überlieferung (Hadith) des Propheten. Die asketische, zurückgezogene Lebensweise christlicher Mönche hat jedoch auch großen Einfluß auf den Islam gehabt. Die islamische Entsprechung war der geistige Ğihad, der sich nunmehr mit der Entwicklung des Sufismus in mehrere Pfade aufteilen sollte.[16]

Eine rege Entwicklung des Sufismus und der religiösen Kultur und Gelehrsamkeit in Friedenszeiten lässt deutlich eine komplexere Struktur des Ğihad erkennen, als eine Reduzierung auf den bewaffneten heiligen Kampf. Aufrufe Mohammeds zu einem geschlossenen Kampf aller Muslime entstand in der Zeit in Medina aus einer Minderheitsposition heraus; die Idee der Vereinigung der muslimischen Heere zu einem geschlossenen Kampf bestand jedoch auch im Mittelalter weiterhin. Ob Nur ad-Din oder Salah ad-Din, beide militärische Führer versuchten zuerst eine Vereinigung des zersplitterten muslimischen Territoriums herbeizuführen, bevor sie den Kampf gegen die Kreuzfahrer in der Levante aufzunehmen wagten.

3.2. Ğihad als sechste Säule des Islam?

Die Teilnahme am bewaffneten Ğihad hat in der frühen islamischen Geschichte, im wesentlichen zur Zeit des Auftretens des Propheten beinahe einen Pflichtcharakter angenommen. Verschiedene Stellen des Korans unterstreichen die Pflicht eines Muslims die Waffen zu erheben, für die Sache Gottes zu streiten und dem Propheten im Kampf beizustehen:

„So ihr nicht ausziehet (zum Kampf), wird er euch strafen mit schmerzlicher Strafe und ein andres Volk an eure Stelle setzen; und ihr schadet ihm in nichts, denn Allah hat Macht über alle Dinge“[17]

Die jeweiligen offenbarten Verse, die sich an die Gemeinde der Gläubigen als Aufruf zum Kampf richten, können jedoch nicht als grundsätzliche, theoretische Aussagen gewertet werden; eher stehen sie als Zeugnis der Zeitgeschichte in engem Zusammenhang mit den vorangegangenen oder noch absehbaren, folgenden Ereignissen. Einige Verse der Suren 3 und 47 wurden demnach anscheinend vor einer drohenden Niederlage am Berge Uhud und vor der Schlacht bei Badr offenbart.[18] Eine Offenbarung der Verse zeitgleich mit den Schlachten bei Badr und am Berge Uhud lassen vermuten, dass Mohammed im Augenblick der Verkündung die Absicht hatte alle Gläubigen geschlossen zum Kampf aufzufordern.

Auch wenn der Aufruf als universale Vorschrift gelten sollte, lässt die Kenntnis der an den Schlachten des frühen Islam beteiligten Anzahl der Krieger und die zunächst nur kleine Fläche des Kampfgebiets zur Zeit Mohammeds, die Schlussfolgerung zu, dass in späteren Jahrhunderten ein Aufruf zum geschlossenen Kampf der Muslime utopisch gewesen wäre. Ein Aufruf an die gesamte muslimische Gemeinde zum geschlossenen Kampf gegen die Kreuzfahrer in der Levante oder den vordringenden Christen auf der Iberischen Halbinsel wäre in einem Reich, dass sich von der Westküste Afrikas bis auf den indischen Subkontinent erstreckt, nahezu klanglos verhallt.

Eine militärische Solidarität innerhalb der weiträumig angesiedelten muslimischen Gemeinschaft kann jedoch an einem Ereignis aus dem 10. Jh. verdeutlicht werden. In der zweiten Hälfte des 10. Jh. strömten Glaubenskämpfer aller Regionen in der Stadt Tarsus zusammen um gegen den griechischen Erbfeind Byzanz zu ziehen. Aus den Landen jenseits des Oxus erreichten im Jahre 355 H. etwa 20.000 Glaubenskämpfer mit Kriegselefanten die Nordgrenzen des Buyidenreiches um ihre Unterstützung zu bringen. Sie forderten die Grundsteuer des gesamten Landes um den Unterhalt ihres Heeres zu bestreiten und beharrten auf die Zahlung, da diese für eine solche Notlage gesammelt wurde.[19]

Erst nach dem Tode des Propheten wurde die Frage um die Pflicht des Ğihad von muslimischen Theologen gelöst. Sie definierten ihn zwar weiterhin als Pflicht, betrachteten ihn jedoch als eine „Pflicht nach dem Modus der Genüge“, wonach jeder kampffähige Muslim die Pflicht hat, im Falle eines ungenügenden Aufgebotes an Soldaten zu den Waffen zu greifen. [20] In der Praxis wurde der bewaffnete Kampf zu einer Kollektivpflicht, wobei Gruppen oder einzelne Muslime stellvertretend für die gesamte Umma kämpften.[21]

weiter zum zweiten Teil



[1] Deuteronomium 32, 39-4

[2] Vgl. Carl Erdmann: Die Entstehung des Kreuzzuggedankens, Darmstadt 1965, S. 27.

[3] Vgl. Bassam Tibi: Kreuzzug und Djihad. Der Islam und die christliche Welt, München 1999, S.106f.

[4] Henri Pirenne: Mohammed und Karl der Große, in: Pirenne, Henri: Mohammed und Karl der Große. Die Geburt des Abendlandes, Stuttgart und Zürich 1993, S. 95.

[5] Vgl. Gudrun Krämer: Geschichte des Islam, München 2005, S.30.

[6] Vgl. Albert B. Randall: Theologies of War and Peace among Jews, Christians and Muslims, New York 1998, S. 319-320.

[7] Fitna: interner Konflikt oder Bürgerkrieg; tha’a: Rache; qital: Kampf oder Bekämpfung; harb: Krieg (den jedoch nur die Ungläubigen führen); ġazw: Überfall oder Raubzug; ğihad: Kampf auf spiritueller und weltlicher Ebene. Vgl. hierzu: Randall: Theologies of War and Peace, S.317; Tibi: Kreuzzug, S.57.

[8] Vgl. Tibi: Kreuzzug, S. 76f.

[9] Vgl. Tibi: Kreuzzug, S. 73-85.

[10]Vgl. Albrecht Noth: Heiliger Krieg und heiliger Kampf in Islam und Christentum, Bonn 1966, S. 28f.

[11] Vgl. Noth: Heiliger Krieg, S.29-33.

[12] Sure 9, 89, in:, S. 196.

[13] Sure 61, 10-11, Ebd., S. 499.

[15] Vgl. Axel Havemann: Heiliger Kampf und Heiliger Krieg. Die Kreuzzüge aus muslimischer Perspektive, in: Peter Bruns/ Georg Gresser (Hrsg.): Vom Schisma zu den Kreuzzügen 1054-1204, Paderborn 2005, S.171.

[16] Vgl. Albert Hourani: Geschichte der arabischen Völker, Frankfurt a. M. 1992, S. 103-111.

[17] Sure 9, 39, Ebd. S.191.

[18] Sure 3, 160f., Sure 47, 5, Ebd. S. 96f., 451. Vgl. auch Noth: Heiliger Krieg, S. 34.

[19] Vgl. Adam Mez: Die Renaissance des Islam, Heidelberg 1922, S. 303f.

[20] Vgl. Noth: Heiliger Krieg, S. 35.

[21] Vgl. Havemann: Heiliger Kampf, S.158.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Jaja, und Voltaire sagte auch, man sei nicht nur für das verantwortlich was man tut, sondern auch für das was man nicht tut. Und mal ehrlich, manchmal will ich auch lieber explodieren, als wie ein Hamster im Laufrad Kohle zu scheffeln. Naja, Mohammed mag ja ein Arschloch gewesen sein, ich bekenne kaum Kenntnisse zu haben, aber dennoch finde ich viele Ideen, wie in vielen Religionen ziemlich einleuchtend, also gehört der Djihad durchaus Selbstmordattentätern - diese sollen aber nicht gegen unbeteiligte Menschen, andere Moslems oder gar Opfern der feindlichen Gesellschaft in den Krieg ziehen, sondern beispielsweise bei V W auf den Nachtwächter achten. Und die Fließbandarbeiter in Bochum tun mir ja leid, aber Nokia wird demnach in Neu Dheli viel mehr gebraucht, auch wenn sich mir bei Las Vegas in Timbuktu der Magen umdreht.

Mit freundlichen Grüßen ( und heidnischer Skepsis )
Wuffi G.

Anonym hat gesagt…

Sorry, die Panzer sollten auch nicht gleich beim ersten Schuss explodieren und natürlich muss man giftige Dämpfe beachten...
Nachtrag Wuffi G.