Die abermaligen verbalen Ausfälle des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinejad lösen nicht nur in der westlichen Welt einen Sturm der Empörung aus.
Besonders saudische Offizielle beklagten am Rande des in Mekka stattfindenden Kongresses islamischer Staaten das grobschlächtige Auftreten des iranischen Präsidenten: " Die Äußerungen Ahmadinejads widersprechen der Botschaft von Toleranz und Dialog, die vom Kongress ausgehen soll, und überschatten sämtliche positive Bemühungen.", so ein saudischer Offizieller gegenüber dem Beiruter "Daily Star". Andere Stimmen verglichen Ahmadinejad mit Saddam Hussein und Muammar al-Ghaddafi, die es mit ihrem dumpfen Populismus ebenfalls verstanden, sich international zu isolieren.
In der iranischen Presse bewerten die Kommentatoren, soweit ihnen das möglich ist, das Verhalten des Präsidenten auch durchaus kritisch. Während konservative Medien lediglich die Wortwahl des Präsidenten bemängeln, gehen oppositionelle Analysten weiter und betonen dabei vor allem die innenpolitische Komponente in der Strategie Ahmadinejads. So meint Saed Leylaz, ein Vertrauter des reformistischen Oppositionsführers Rowhani, dass die Äußerungen "ohne Zweifel ein Ziel der Innenpolitik sind. Denn indem man die Welt gegen Iran aufbringt, entsteht ein Klima, in dem Radikalismus wesentlich leichter aufblühen kann."
In der Tat beschränken sich Meldungen über den Iran in den letzten Monaten auf die beiden Problemfelder Atomprogramm und Antisemitismus, die Ahmadinejad mit seinen Statements kontinuierlich am Köcheln hält. Dabei geraten Nachrichten aus dem Iran völlig aus dem Blick, und das ist insofern problematisch, als vor allem die Menschen im Iran selber vom radikalen Kurs Ahmadinejads am härtesten betroffen sind.
Zwar befand sich die iranische Presse schon unter seinem Vorgänger Khatami im ständigen Kampf gegen staatliche Zensur, doch nun erreichen die Repressionen eine neue Qualität, da auch verstärkt gegen die florierende persische Internet- und Blogszene, die bisher einzige freie Kommunikationsplattform, vorgegangen wird. Zu diesem Zweck besetzt Ahmadinejad auch konsequent wichtige Positionen in Kultur- und Sicherheitsbehörden mit engen Vertrauten aus seiner Zeit bei den Islamischen Revolutionsgarden. Eingriffe in den sonst vergleichsweise freien Universitätsbetrieb und die wieder forcierte Präsenz der Sittenpolizei in der Öffentlichkeit sind zwei weitere von vielen Beispielen für den destruktiven Kurs der radikalen Minderheit unter Ahmadinejads Führung, dem die Mehrheit der, vor allem jungen, Iraner ablehnend gegenübersteht.
Zwar dürfen die Äußerungen Ahmadinejads nicht unkommentiert bleiben, doch sollte die internationale Berichterstattung das politische Kalkül des iranischen Präsidenten etwas differenzierter beleuchten. Die innenpolitische Lage und die Probleme der vor allem jungen Iraner unter der neuen Regierung sind zu gravierend, um von der westlichen Presse derart vernachlässigt zu werden.
Samstag, 10. Dezember 2005
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