Mittwoch, 30. Dezember 2009
Libanon: Rebellischer Rap aus einem zerstörten Flüchtlingslager
“Ich trage Sorgen / aus dem Inneren eines zerstörten Camps / Ich bereite einen Angriff vor / Worte drehen sich in meinem Kopf / Nahr al-Bared ist mit Eisenstäben eingezäunt / In den Zeitungen berichten sie über das Leid / Jedes Wort macht Sinn.”
Farhan Abu Siyam (21) ist Nahr al-Bareds erster und einziger Rapper. Sein Künstlername lautet 'MC Tamarrod' oder zu deutsch: MC Rebellion. In Libanons palästinensischen Flüchtlingslagern Nahr al-Bared und Bourj al-Barajneh aufgewachsen, weiß er, dass Hip-Hop in der palästinensischen Gesellschaft umstritten ist: „Viele Leute mögen Rap nicht weil sie gegen westliche Musik oder Elemente wie den Takt sind,“ erklärt Abu Siyam. Er fordert die Gesellschaft auf, Rap eine Chance zu geben und betont, dass er nicht einer fremden Sprache singe, sondern arabische Wörter und Straßen-Slang benütze: „Ich rappe in unserem palästinensischen Dialekt, in der Sprache der Camps, wo ich geboren und aufgewachsen bin.
Dienstag, 29. Dezember 2009
Iran - Auf dem Weg ins Ungewisse
Straßenkämpfe in Großstädten von Tabriz bis Shiraz, bis zu 15 getötete Demonstranten – im Iran brennt die Luft. Im Zuge der Beerdigung des regierungskritischen Großayatollahs Hossein Ali Montazeri und der Aschura-Prozessionen sind die Auseinandersetzungen zwischen der grünen Protestbewegung um Oppositionsführer Mir Hossein Moussawi und dem Regierungslager mit seinem (para-)militärischen Sicherheitsapparat in den letzten Tagen eskaliert.
Montag, 28. Dezember 2009
Politischer Paukenschlag in Jerusalem
Sonntag, 27. Dezember 2009
Ein Jahr danach: Die Alsharq-Analyse zum Krieg in Gaza
Das Blei ist gegossen
Donnerstag, 24. Dezember 2009
Frohe Weihnachten
Euer Alsharq-Team
Dienstag, 22. Dezember 2009
Iran - Zum Tod von Großayatollah Montazeri
Montag, 21. Dezember 2009
Israel diskutiert die Causa Kundus
Samstag, 19. Dezember 2009
Das Königreich entschuldigt sich
Freitag, 18. Dezember 2009
Jemen - Gewalt im Namen der Einheit
Mittwoch, 16. Dezember 2009
Zwischen den Stühlen
Dienstag, 15. Dezember 2009
Chanuka - Der Geist des Widerstandes
Montag, 14. Dezember 2009
„Sind wir Don Quichote?“ - Zum Verbot der prokurdischen Partei DTP
Die Richtung hat wieder einmal gewechselt im Tauziehen über die Definitionsmacht des Türkentums. Hatte die Regierungspartei AKP in den letzten Wochen unter dem Motto der „Öffnung“ die Versöhnung mit Armenien vorangetrieben, als tabuisiertes Kapitel der Republikgeschichte die Niederschlagung des kurdisch-alevitischen Aufstandes von Dersim 1938 thematisiert, eine exemplarische „freiwillige“ Entwaffnung einiger PKK-KämpferInnen organisiert und erste Gesetze zur freieren Verwendung der kurdischen Sprachen angekündigt, scheint besonders letztere Initiative nun überholt zu sein. Am vergangenen Freitag wurde die pro-kurdische Partei DTP durch das Verfassungsgericht verboten und 37 ihrer Mitglieder zu einem fünfjährigen Politikverbot verurteilt.
Freitag, 11. Dezember 2009
Menschenrechte in arabischen Staaten- Dauerzustand Ausnahmezustand
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Dienstag, 8. Dezember 2009
Hungerstreik für Westsahara
Samstag, 5. Dezember 2009
Wie du mir, so ich dir
Donnerstag, 3. Dezember 2009
Das neue Manifest der Hizbollah
Dienstag, 1. Dezember 2009
Kein Turmbau zu Basel - Reaktionen auf das Schweizer Minarettverbot
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Somalia: Das Afghanistan Afrikas
Sonntag, 29. November 2009
Vertrauen verspielt
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Samstag, 28. November 2009
Nahr al-Bareds Flüchtlinge bleiben trotz Beginn des Wiederaufbaus skeptisch
Mehr als zwei Jahre nachdem ihr Flüchtlingslager in einem Krieg zwischen der libanesischen Armee und der militanten islamistischen Gruppe Fatah al-Islam völlig zerstört wurde, wohnten Nahr al-Bareds Flüchtlinge diesen Mittwoch dem Beginn des Wiederaufbaus bei. Ihre Erleichterung vermischte sich aber mit Skepsis.
Freitag, 27. November 2009
Westerwelle in Israel - Nichts gewesen außer Spesen
„Deutschland hat eine besondere Verantwortung“, sagte Guido Westerwelle in die Mikrofone der Weltpresse, als er diese Woche zu seinem Antrittsbesuch in Israel und in den palästinensischen Autonomiegebieten war. Viel war im Vorhinein spekuliert worden, was er wo, und vor allem wie sagen würde. Er, der Neue, da waren sich alle einig, hatte einen diplomatischen Härtetest und Drahtseilakt zu bestehen und musste aufpassen, auf dem spiegelglatten diplomatischen Paket nicht auszurutschen. Dass er eine Lösung für die Krisen- und Kriegsgebeutelte Region im Gepäck habe, da waren sich ebenfalls alle einig, sei wohl eher unwahrscheinlich.
Und genauso kam es dann auch. Begleitet von einem Tross 28 deutscher Journalisten, Diplomaten und einem ständigen Blitzlichtgewitter absolvierte er einen Termin nach dem anderen. Deutschlandweit konnte man in den Medien jeden Schritt, jede Geste und jede Rede verfolgen. In Israel nicht. Das Interesse am neuen deutschen Außenminister war mäßig, eher mager. Man interessiert sich nicht für einen weiteren Friedensbotschafter. Und das zu Recht. Wieder und wieder wurden auch dieses Mal altbekannte Phrasen formuliert, Hände geschüttelt und für die Kameras gelächelt. Wie schon so oft. Dann, wenn es Westerwelles Aufgabe gewesen wäre, Position zu beziehen schwieg er. Vor seinem Abflug kritisierte der Vizekanzler noch die israelischen Pläne weitere 900 Wohnungen in der Siedlung Gilo errichten zu wollen, als er dann neben dem polternden Polemiker Avigdor Liberman stand klang das schon anders: Er schwieg. Und genau das ist das Problem.
Aus der besonderen Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel ziehen die deutschen Politiker seit Jahr und Tag die falschen Schlüsse. Sie halten den Mund, aus Angst vor künstlicher Empörung über einen echten Missstand. Eine wirkliche Freundschaft lebt von offenen und ehrlichen Worten. Das Phänomen der falsch verstandenen Toleranz war aber auch bei dieser Reise wieder allgegenwärtig. Landauf, Landab betonte Guido Westerwelle, die Sicherheit und die Existenz des Staates Israel sei nicht verhandelbar – zu Recht. Dieses Bekenntnis sollte jedoch nicht zum hemmenden Hindernis werden, wenn es um tagespolitische Themen wie den Siedlungsaus- und Abbau geht. Wem helfen die falschen Floskeln, die Jahr für Jahr aufs Neue gebetsmühlenartig gesagt werden? Niemanden, richtig. Fazit: Nichts gewesen außer Spesen.
Donnerstag, 26. November 2009
Ägyptens Muslimbruderschaft – ohne Führung, ohne Zukunft?
Für Schlagzeilen ist Mohammed Mahdi Akef, oberster Führer der Muslimbruderschaft und damit der stärksten politischen Opposition in Ägypten, bekannt. Dazu gehören kontroverse Aussagen wie z.B. seine Kritik am mangelnden öffentlichen Interesse für die 320 oft ohne Gerichtsverfahren inhaftierten Muslimbrüder oder durch seine im März dieses Jahres getroffene Entscheidung, sein Amt im Januar niederzulegen und nicht für eine zweite Amtszeit zu kandidieren. Doch was sich zurzeit innerhalb der Muslimbruderschaft abspielt, stellt all das in den Schatten, womit sie bisher auf sich aufmerksam machte. Die Muslimbrüder sind in der schwersten Krise seit ihrer Gründung im Jahr 1928.
Mittwoch, 25. November 2009
Alsharq organisiert Reise in den Libanon
Alsharq expandiert und schlägt neue Wege ein. Wie ihr bereits bemerkt habt, haben wir einige neue Autoren an Bord und werden in Zukunft auch noch mehr detaillierte Analysen zu ausgewählten Themen veröffentlichen.
Die Macher des Blogs haben außerdem ein besonderes Highlight organisiert: Eine Reise in den Libanon. Vom 15.4 - 25.4. sowie vom 22.4. - 2.5. 2010 heißt es "10 Tage Kultur, Politik und Natur des Libanon". Ein vielfältiges Programm, von uns konzipiert und geführt, erwartet euch. Neben den beeindruckenden historischen und landschaftlichen Sehenswürdigkeiten wollen wir euch außerdem die politischen Realitäten des Zedernstaates näherbringen. Etwa durch Stadtrundgänge auf den Spuren des Bürgerkriegs, Tagestouren in touristisch bisher kaum erschlossene Gebiete sowie Diskussionen mit libanesischen und deutschen Experten.
Die Kontingente sind begrenzt, also sichert euch einen Platz in einer der beiden Reisegruppen.
Hier und hier findet ihr detaillierte Informationen zu der Reise.
Updates, einige visuelle Impressionen und Antworten auf Fragen der Leser findet ihr hier.
Euer Alsharq-Team
Zur Einstimmung ein paar Impressionen aus dem Land der Zedern:
Dienstag, 24. November 2009
Auflösungserscheinungen in Jordanien
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Sonntag, 22. November 2009
Studentenwahlen im Libanon: Alles neu beim alten
Die studentische Wahlsaison fällt normalerweise in den Spätherbst, meist zwischen Anfang November und Mitte Dezember.
2008 standen die Studentenwahlen ganz im Zeichen der bevorstehenden Parlamentswahlen. Die politischen Lager March 14 und March 8 investierten viel in den Wahlkampf ihrer studentischen Flügel, sowohl ideell als auch materiell. An den besonders umkämpften, weil prestigereichsten Universitäten AUB (American University of Beirut) und USJ (Université St.Joseph) standen sich beide am Ende mit einem Patt gegenüber - fast so wie bei den Parlamentswahlen im Juni, die das March 14-Lager nur hauchdünn für sich entscheiden konnte. An der staatlichen UL (Université Libanaise) wurden die Wahlen damals hingegen abgesagt - aus Angst vor gewalttätigen Ausseinandersetzungen, wie sie sich schon im Vorfeld angekündigt hatten. Im Großen und Ganzen waren die Wahlen, trotz der durchaus aufgeheitzten Stimmung aber friedlich verlaufen - nicht zuletzt auch durch die massiven Sicherheitsvorkehrungen.
Die Studentenwahlen 2009 folgten fast unmittelbar auf die Präsentation des neuen libanesischen Kabinetts, dem die Vertreter der Wahlgewinner und -verlierer gemäß dem Konsensprinzip angehören. Überhaupt befindet sich die bis zu den Parlamentswahlen dominante Lagerspaltung in March 14 und March 8 seit dem Sommer immer mehr in Auflösung. Die Frage war nun, wie die Studenten, und insbesondere die studentischen Parteiflügel darauf reagieren würden.
Freitag, 20. November 2009
Israel - Die Soldaten des Messias
Homesh, das war bis vor wenigen Jahrzehnten ein kleiner, unbekannter Ort in Palästina. Das Dorf war ein Dorf wie jedes andere: Mitten im Nirgendwo – zwischen zerklüfteten Felsen und blühenden Olivenhainen – gelegen, lebten hier arabische Bauern in einem Dutzend Häusern und mit einem Haufen Hühnern – bis 1967. Nach der israelischen Annexion des Westjordanlandes verschwanden zuerst die arabischen Bauern, dann ihre Häuser und später die Olivenhaine. Die Hühner blieben aber nicht lange auf diesem idyllischen Flecken Erde verwaist: Radikale Siedler nahmen sich ihrer und der gottverlassenen Siedlung an. Die Thora im Gepäck, ließen sie sich am Ort ihrer Vorväter nieder und gründeten einen israelischen Außenposten, der in keiner Straßenkarte eingezeichnet war und ist: Homesh. Von 1978 an wuchs und gedieh die kleine Siedlung prächtig, bis im Jahr 2005 die Bewohner eine Hiobsbotschaft ereilte: Ihr trautes Heim war nach israelischem Recht illegal gebaut worden, nach internationalem sowieso. Die Siedlung wurde geräumt, die Häuser zerstört – das empfand man als eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Zu Hunderten pilgern die frommen Juden bis heute nach Homesh, picknicken im Gras und preisen den Herrn. Bisher wurden sie jedes Mal von israelischen Soldaten von dort vertrieben. Das könnte sich nun ändern.
Donnerstag, 19. November 2009
Algerien - Ägypten 1:0 - Eine Presseschau
Im Vorfeld des Spiels im Sudan kochten die Emotionen in Algerien und Ägypten hoch. Vor der letzten Partie beider Mannschaften in Kairo am vergangenen Samstag wurde der Mannschaftsbus der Algerier angegriffen, mehrere Spieler wurden verletzt. Nach dem Sieg der Ägypter griffen Randalierer in Algier die Vertretungen mehrer ägyptischer Unternehmen an. Die Außenminister beider Staaten riefen jeweils die Botschafter in Kairo und Algier zu Gesprächen zu sich. In den Medien beider Staaten wurde das Entscheidungsspiel in Khartum im Vorfeld zum „Harb al-Mundial“, dem „Krieg der Weltmeisterschaft“ hochstilisert.
Mittwoch, 18. November 2009
Deutsches Orient-Institut (DOI) veranstaltet Autorenwettbewerb für Studenten
Das Deutsche Orient-Institut organisiert anlässlich seines 50-jährigen Jubiläums im Jahr 2010 einen Autorenwettbewerb für Studierende zum Thema
"Herausforderungen der deutschen Orientforschung im 21. Jahrhundert".
Bewerben können sich alle Studierenden des Hauptstudiums/Masterstudiums der Orientalistik, Turkologie, Arabistik, Iranistik, Politikwissenschaft, Soziologie, Ethnologie sowie Neuere und Neueste Geschichte.
Die Gewinner erhalten lukrative Preise und ihre Essays werden in einer Publikation des Deutschen Orient-Instituts veröffentlicht.
Die Registrierungsfrist endet am 25. November.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Dienstag, 17. November 2009
Die neue Regierung im Libanon: Die Analyse von Al-Sharq
Montag, 16. November 2009
Von ernsthaften Friedensbemühungen und rhetorischen Keulen
Samstag, 14. November 2009
Bürokratische Irrgänge durch Damaskus
Am nächsten Tag verweist uns der Hausmeister kleinlaut an das religiöse Oberhaupt der Moschee. Dieser zeigt sich mit unserem Vorhaben grundsätzlich einverstanden, besteht jedoch darauf, eine Erlaubnis vom Ministerium für Religiöse Stiftungen einzuholen. Überzeugungsversuche erweisen sich als zwecklos. „Nur fünf Minuten von hier…“
Nach 10-minütigem Fußmarsch und ein paar ausgefüllten Formularen hören wir im Ministerium einen Satz, der noch Tage ins unseren Ohren klingen wird. „Kein Problem, aber zuerst brauchen sie…“ - ein Schreiben vom Tourismusministerium, schließlich sind wir Ausländer. Mit diesem Stück Papier bekämen wir die Erlaubnis „sofort“.
20 Minuten später im Tourismusministerium. „Kein Problem, aber…“ – der Verantwortliche befinde sich im Ministerium für Bewässerung. Kein Problem, sind ja nur 10 Minuten zu Fuß. Tatsächlich sitzen in der nächsten Behörde ein paar Hansel aus dem Tourismusministerium, allein der ominöse Verantwortliche fehlt. Der habe momentan „ein sehr wichtiges Meeting“ mit dem Tourismusminister. Aber wir könnten es ja mal in seinem Büro versuchen.
Machen wir, wenn auch ziemlich genervt. Die Füße schmerzen, die Zeit rennt, also ins Taxi ins etwas abgelegene Nobelviertel al-Malki. Die strahlende Miene der Sekretärin verwandelt sich in einen versteinerten Gesichtsausdruck, als wir von unserem Anliegen erzählen. „Eigentlich kein Problem, aber…“ – der Minister und der Verantwortliche seien extrem beschäftigt, das Treffen könne noch Stunden dauern. “So Sorry!“
Als erster hat unser Begleiter Rashid die Nase voll: „Ich habe es euch gesagt, diese Bastarde machen keinen Finger krumm, wenn man sie nicht besticht.“ Möglicherweise ein probates Mittel? Also zurück zur Moschee. Es erweist sich schließlich als glückliche Fügung, dass die Anwesenden offensichtlich über geringe Lese-Kenntnisse verfügen. Jedenfalls werden die nicht stattgegebenen Anträge, die wir bei den verschiedenen Ministerien gesammelt haben, als Fotoerlaubnis akzeptiert – ganz ohne Bakshish. Der Weg zum Minarett ist frei.
Wir fragen uns, welchen Aufwand man erst betreiben muss, wenn man mehr als nur ein Foto machen will – etwa ein Unternehmen gründen. Solange Angestellte weiterhin Angst vor Konsequenzen der Vorgesetzten haben, weil sie Verantwortung und Kompetenzen übernehmen, lebe die syrische Bürokratie!
Unbeugsame Angeklagte
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Freitag, 13. November 2009
„Ein Muslim kann keinen Völkermord begehen“ - Omar al-Bashir und die Türkei
Pflege strategischer muslimischer Allianzen, offener Widerspruch zu EU-Positionen nebst Seitenhieben gegen Israel: in der Affäre um den Türkei-Besuch des sudanischen Staatspräsidenten Omar al-Bashir spiegeln sich die Gratwanderungen türkischer Außenpolitik. Von der türkischen Presse erntet Recep Tayyip Erdoğan den Titel „Elefant im Porzellanladen“. Was ein Völkermord eigentlich ist, darum scheint es nicht zu gehen.
Es sind Aktivitäten wie das COMCEC-Treffen, die derzeit in Westeuropa die Meinung - beziehungsweise Befürchtung - bestärken, die Türkei wende sich nun verstärkt nichteuropäischen Partnerländern zu. Mit 52 Mitgliedsstaaten reicht der OIC-Verbund von Albanien bis Mozambik, von Surinam bis Indonesien, während zu den Beobachterstaaten unter anderem Bosnien-Herzegowina und Russland zählen. Die prominentesten Gäste der COMCEC-Tagung waren denn auch die Staatschefs Syriens und des Iran, Bashar al Assad und Mahmud Ahmadinedjad.
Abdullah Gül relativierte die Diagnose einer türkischen Abkehr von Europa: „komplementär“, nicht einander entgegengesetzt, seien die Beziehungen zur Europäischen Union und die Zusammenarbeit innerhalb des COMCEC. Die Aufforderung von Seiten der EU und der USA, den Besuch al-Bashirs zu überdenken, bezeichnete er jedoch als „Einmischung“ - es handele sich zudem nicht um ein bilaterales Treffen, man sei nur Gastgeberland der Konferenz. Als Nichtunterzeichnerin des Rom-Statuts zur Anerkennung des ICC, sei die Türkei nicht zur Festnahme und Auslieferung al Bashirs verpflichtet.
Weiter ging Premierminister Erdoğan, der in einer Fernsehsendung erklärte, als Muslim könne Omar al Bashir keinen Völkermord begangen haben: „Gaza und Darfur darf man nicht miteinander verwechseln. In Gaza wurden 1.500 Menschen umgebracht. Wenn so etwas in Darfur passierte, würden wir darauf reagieren“. Angesichts der UN-Schätzung von über 300.000 Toten im weiterhin andauernden Darfur-Konflikt, ist dieses Statement kaum als Argument, sondern als Unterstreichung der türkischen Position zu Israel zu lesen, wie auch Erdoğans weitere Bemerkung beweist: „Mit Netanyahu kann ich darüber ja nicht reden. Aber mit al-Bashir kann ich das in Ruhe besprechen, ich kann ihm ins Gesicht sagen: 'Was ihr da getan habt, ist falsch'“.
Die letztendliche Absage von al-Bashirs Besuch – es wurde spekuliert, sie sei vom türkischen Außenministerium veranlasst worden – änderte wenig an der Empörung der Zivilgesellschaft und der Kritik aus breiten Teilen der Presse. Der Verein für Menschenrechte (İnsan Hakları Derneği) und die Coalition for ICC forderten die Auslieferung des sudanischen Staatsoberhauptes, die auch nach dem türkischen Strafgesetzbuch veranlassbar sei. Während pragmatische Stimmen die Glaubwürdigkeit der Türkei als Mitglied des UN-Sicherheitsrates gefährdet sehen, ist in der liberalen Zeitung Radikal von „Scham“ die Rede. Erdoğan wird als diplomatischer „Elefant im Porzellanladen“ bezeichnet; der Kolumnist Deniz Zeyrek fordert: „Von einem Ministerpräsidenten, der den Tod von 200 Uiguren in Xinjiang, die Ermordung 1400 unschuldiger Palästinenser_innen „Genozid“ nennen kann, müssen wir gegenüber al Bashir, auf dessen Befehl mindestens 200 000 Menschen umgebracht wurden, das selbe Verhalten erwarten können.“ Gülay Göktürk, eine Kolumnistin der englischsprachigen Today's Zaman, vertritt eine andere Sicht: „Wir wissen, dass die westliche Öffentlichkeit dies nur als einen weiteren Beweis dafür ansehen wird, dass die Türkei sich dem Westen ab- und dem Islam zuwendet. Sollte unsere Außenpolitik durch ein System aus Ungereimtheiten und Prinzipienlosigkeit bestimmt werden […], das allgemein 'Realpolitik' genannt wird – oder werden wir dem Weg folgen, von dem wir wissen, dass es der Richtige ist, uns an die Seite der Unterdrückten und gegen die Tyrannen stellen? Wir haben immer gewonnen, wenn wir letzteres getan haben.“
Das ist eine türkische Perspektive auf den türkischen Sonderweg, dessen Kurs derzeit mit regionalen Partnerschaften ohne westeuropäische Beteiligung liebäugelt. Die Angst, die EU habe die Türkei „verloren“, ist mit Sicherheit überzogen – wenn auch aufschlussreich in Bezug auf europäische Interessen. Größere Besorgnis erregen sollte es aber, dass der Kriegsverbrecher Omar al Bashir seit Ausstellung seines Haftbefehles schon einige Auslandsreisen unternehmen konnte – und um der muslimischen und arabischen Solidarität willen von vielen Staaten die Garantie erhielt, nicht festgenommen zu werden. Gegen-Seilschaften, um europäisch-westlicher Dominanz stand halten zu können, um den Preis der Duldung eines Genozids? Offenbar. Dass das politische Gewicht des Begriffes „Völkermord“ eher als die Tat selbst von Belang ist, wird auch daran sichtbar, dass niemand auf die Assoziation anspielte, die der Begriff im türkischen Kontext unweigerlich auslöst.
Donnerstag, 12. November 2009
Liebesgrüße aus Moskau – das Verhältnis zwischen Syrien und der UdSSR
Der Zusammenbruch des sowjetischen Blocks 1991 veränderte nicht nur das Machtgefüge in Europa, sondern hatte auch direkte Auswirkungen auf die Staaten des Nahen Ostens. Diese konnten zu jenem Zeitpunkt auf eine lange Geschichte sowjetischer Unterstützung zurückblicken.
Mittwoch, 11. November 2009
Kriegsgetrommel in saudischer Presse
Was lange währt... - Neue Regierung im Libanon
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Dienstag, 10. November 2009
Kein Sand in Sicht
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Montag, 9. November 2009
Abbas kündigt Rücktritt an – Ende der Friedenshoffnungen?
Vor allem Hillary Clintons Erklärung während ihrer ersten langen Nahost-Reise, Verhandlungen sollten „ohne Vorbedingungen“ aufgenommen werden, empörte Abbas. Damit rückt Amerika von seiner alten Position ab, denn Barack Obama forderte Israel nach seinem Amtsantritt auf, den Siedlungsbau komplett einzustellen, um den Weg für umfassende Friedensverhandlungen freizumachen. Obwohl die Bautätigkeiten in den Siedlungen die der vergangenen Monate sogar übersteigen – derzeit befinden sich über 3000 Wohneinheiten im Bau – bat Clinton Abbas nun, Friedensgespräche auch ohne diese Vorbedingung aufzunehmen. Diese Aufforderung zeugt einerseits von mangelnder amerikanischer Durchsetzungskraft in Israel und andererseits von geringer Kenntnis über die politische Situation in der PA. Abbas, der ohnehin mit dem Vorwurf seiner Gegner leben muss eine Marionette der USA und Israels zu sein, würde sich mit solch einem Zugeständnis endgültig ins Abseits manövrieren und somit der Hamas den Weg zur Macht über ganz Palästina ebnen. Das kann weder im amerikanischen noch im israelischen Interesse sein.
2005 wurde Abbas mit deutlicher Mehrheit zum Präsidenten gewählt und trat damit das schwere Erbe Yasser Arafats an. Sein Ziel, Arafats Lebenswerk eines souveränen Staates Palästina zu vollenden, erreichte er nicht. Vielmehr war seine Amtszeit von der inneren palästinensischen Spaltung geprägt, die 2007 in militärischen Auseinandersetzungen zwischen Fatah und Hamas im Gazastreifen ihren Höhepunkt erreichte. Alle Versuche, die politische Einheit wieder herzustellen scheiterten. Als Abbas kürzlich den Wahltermin im Alleingang bekannt gab, kündigte die Hamas einen Wahlboykott an. Da seine auf vier Jahre angesetzte Amtszeit bereits im Januar ablief, streitet die Hamas seiner Präsidentschaft bereits seit längerem jegliche Legitimität ab.
Der Rückhalt des 74-jährigen Abbas bröckelte zuletzt weiter, als er der ausdrücklichen Bitte Washingtons nachkam und den Goldstone-Bericht, der Kriegsverbrechen der israelischen Armee im letzten Gazakrieg auflistet, verzögert an die UN-Vollversammlung weiterleitete.
Nun fühlt sich Abbas durch die neuen amerikanischen Zugeständnisse an Israel zu Recht gedemütigt, denn für einen überzeugenden Wahlkampf hätte er zumindest faire und Erfolg versprechende Friedensverhandlungen im Gepäck haben müssen. Und ein gutes Wahlergebnis wäre dann zugleich ein starkes Verhandlungsmandat für Abbas in den Friedensgesprächen gewesen.
Mit der Ankündigung seines Rücktritts spielt Abbas nun seine letzte Trumpfkarte aus, denn seine möglichen Nachfolger könnten sich aus israelischer Sicht als wesentlich schwierigere Verhandlungspartner erweisen und ein Frieden in Nahost in weite Ferne rücken lassen. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, dass sich Abbas noch umstimmen lässt, falls Obama, der seinen Friedensnobelpreis nicht zuletzt wegen einer neuen Nahostpolitik verliehen bekam, doch noch Druck auf Israel ausübt und Abbas in seinen Forderungen entgegenkommt. Dennoch stellt sich nun immer dringender die Frage seiner Nachfolge.
Als Arafat starb, gab es kaum Zweifel daran, wer ihn beerben würde. Abbas ist ein Gründungsmitglied von Fatah und PLO, war ein ständiger Weggefährte Arafats und gilt als Architekt der Osloer Verträge. Diese beispiellose Vita machte ihn bei der Präsidentschaftswahl 2005 zum selbstverständlichen Kandidaten. Allerdings hat Abbas während seiner Amtszeit keinen Kronprinzen aufgebaut, so dass das Rennen um seine Nachfolge völlig offen ist. Zum engeren Favoritenkreis gehört unter anderem Fatah-Veteran Marwan Barghouti, der schon beim letzten Fatah-Kongress im August als Nachfolger Abbas' als Chef der PLO im Gespräch war. Er wäre sicher die spektakulärste Wahl, schließlich ist er vom militärischer Führer während der Al-Aqsa-Intifada (die im September 2000 ausbrach, als Ariel Sharon während seines Wahlkampfes den Tempelberg in Jerusalam betrat) zum heute populärsten palästinensischen Politiker aufgestiegen. Nach seiner Verhaftung 2002 wurde Barghouti zu fünfmal Lebenslänglich verurteilt und muss seitdem seine Führung aus einem israelischen Gefängnis heraus organisieren. Seine Wahl brächte vor allem der PLO den Vorteil, dass sie wieder einen charismatischen und populären Präsidenten stellen könnte. Und die Fatah könnte sich wieder den Anschein einer Widerstandsbewegung geben – ein entscheidendes Argument gegenüber der Hamas, die ihrerseits seit den Osloer Verträgen das Monopol auf den Widerstand gegen Israel für sich beansprucht.
Auch Mustafa Barghouti, ein ferner Cousin Marwans, wäre ein interessanter Nachfolger. Er ist wie Abbas davon überzeugt, dass der Nahostkonflikt nur friedlich und durch Verhandlungen zu lösen ist, besitzt zudem Charisma und weiß zu überzeugen. Am 28. Oktober 2009 trat er in der Sendung des beliebten US-Komikers Jon Stewart „The Daily Show“ zusammen mit der israelischen Friedensaktivistin Anna Baltzer auf, um seinen versöhnlichen Friedenskurs vorzustellen. Mustafa Barghouti bewarb sich als Spitzenkandidat der Liste "Unabhängiges Palästina" bereits 2005 um das Präsidentenamt und landete mit etwa 20% der Stimmenauf dem zweiten Platz hinter Mahmoud Abbas.
Salam Fayad, der gegenwärtige Ministerpräsident der palästinensischen Notregierung, gilt zwar als Reformer. Ihm aber fehlt es nicht nur an Ausstrahlung, sondern auch am nötigen Rückhalt in der PLO. Er verdankt seine gegenwärtige Position eigentlich nur der Gunst Mahmoud Abbas' und besitzt daher bestenfalls Außenseiterchancen.
Zu nennen wäre schließlich noch der ehemalige Fatah-Sicherheitschef in Gaza, Mohammad Dahlan. Er gilt als ehrgeizig und machtbewusst, doch haftet ihm der Makel an, Gaza an die Hamas verloren zu haben. Versöhnungsgespräche mit Hamas unter seiner Führung erscheinen schwer vorstellbar.
Es ist aber auch gut möglich, dass im Januar gar keine Wahlen stattfinden werden und Abbas auf diese Weise weiter im Amt bleibt. Denn nachdem die Verhandlungen zwischen Fatah und Hamas um eine Einheitsregierung trotz intensiver diplomatischer Bemühungen Ägyptens und Deutschlands gescheitert waren, hat die Hamas angekündigt, die Wahlen zu boykottieren. Konkret hieße das, dass der von der Hamas regierte Gazastreifen an den Wahlen nicht teilnehmen würde, was eine weitere Zementierung der palästinensischen Teilung zur Folge hätte. Die PLO wird sich auf eine Wahl, die nur im Westjordanland stattfinden kann, kaum einlassen.
Freitag, 6. November 2009
Von Wohltaten und politischem Interesse - Die Imam-Khoei-Stiftung
Die Imam-Khoei-Stiftung in London betreibt eine der wenigen schiitischen Privatschulen in Europa. Die Stiftung wurde zum Wohl der schiitischen Muslime weltweit gegründet. Doch sie agiert auch als einflussreiche Lobby für die religiöse Minderheit. Weiterlesen
Donnerstag, 5. November 2009
Zum Tod von Mustafa Mahmud
Sein Werdegang ähnelt dem anderer islamistischer Vordenker seiner Zeit. 1921 geboren, wächst Mahmud in einer religiösen Familie in einer Kleinstadt im Nildelta auf. Er studiert Medizin und fängt bereits während des Studiums an für Zeitungen zu schreiben. Anfangs ist Mustafa Mahmoud glühender Anhänger des damaligen Staatschefs Gamal Abdel Nasser, dies ändert sich jedoch schlagartig nach der vernichtenden Niederlage der Ägypter im 6-Tage-Krieg 1967 gegen Israel.
Mittwoch, 4. November 2009
Der verbotene Orient – eine kleine Geschichte virtueller Zensur
Mittwoch, 28. Oktober 2009
Unruhen in Algier - Hilferuf aus der Banlieue
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Montag, 26. Oktober 2009
Präsidentenwahl in Tunesien - Der ewige Präsident
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Mittwoch, 21. Oktober 2009
Presse ohne Freiheit - Die Rangliste zur Pressefreiheit 2009
Samstag, 17. Oktober 2009
Explosion im Libanon - Raketenlager oder Hinterhofgarage?
Donnerstag, 15. Oktober 2009
Zensur im Libanon - Behörden kürzen "The One Man Village"
Sonntag, 11. Oktober 2009
Stein des Anstoßes - Zur explosiven Situation in den Palästinensischen Gebieten
Die Stimmung ist aggressiv: In der Altstadt haben radikale Siedler wiederholt gewaltsam versucht, das Gelände der Al-Aqsa-Moschee zu betreten. Es kam zu Auseinandersetzungen mit Palästinensern, die israelische Armee riegelte daraufhin die Altstadt weiträumig ab. Wenige Kilometer entfernt haben israelische Soldaten soeben den Checkpoint Qalandiya überquert und begeben sich in voller Bewaffnung auf die Straßen des angrenzenden Flüchtlingslagers. Palästinensische Jugendliche antworten mit Steinen. Auf den Straßen brennen Reifen, vereinzelte Schüsse sind zu hören. Gleichzeitig gehen in Ramallah 2.000 Menschen auf die Straße, um zu demonstrieren.
Auslöser für die Unruhen ist der 574 Seiten lange Goldstone-Bericht, der seit seiner Veröffentlichung am 25. September im Zentrum der Aufmerksamkeit in Nahost steht. Weiterlesen
Dienstag, 6. Oktober 2009
Hamas-Führer Osama Hamdan im Interview mit Alsharq
Am Montag, dem 12.10.2009 erscheint Ausgabe 03/09 von Zenith - Zeitschrift für den Orient in ausgewählten Kiosken und Buchläden. Im aktuellen Heft finden sich einige Beiträge der Alsharq-Autoren sowie eine Vielzahl interessanter wie abwechslungsreicher Artikel auf insgesamt 80 Seiten. Vorab veröffentlicht Alsharq einen Vorgeschmack auf das Heft in voller Länge: Unser Palästina-Experte Maximilian Felsch traf exklusiv für Alsharq und Zenith in Beirut den Repräsentanten der Hamas im Libanon, Osama Hamdan, und befragte ihn zu aktuellen Themen.
Herr Hamdan, im Januar 2006 nahm Hamas erstmals an Wahlen für den Nationalrat teil und gewann sie mit einem unerwarteten Erdrutschsieg. Wie würden Sie die allgemeine Lage der Hamas drei Jahre nach dem Wahlerfolg beschreiben?
Ich muss sagen, dass die Situation der Hamas unter den Palästinensern stärker wurde, trotz des Belagerungszustandes seit den Wahlen. Alles was gegen die Hamas in den letzten drei Jahren unternommen wurde, um ihren Wahlsieg und ihre Popularität zu untergraben, hat eine gegenläufige Reaktion ausgelöst. Die Palästinenser haben gemerkt, dass alles was von den USA, dem Nahostquartett, der israelischen Seite und Teilen der Palästinensischen Autonomiebehörde unternommen wurde, sich gegen ihren Willen richtete, sodass die Unterstützung [für die Hamas] stärker und stärker wurde. Ich glaube, dass sich das Leiden der Palästinenser in den drei Jahren stets vergrößerte.
Und verantwortlich dafür ist nicht allein die israelische Besetzung, sondern auch die internationale Gemeinschaft, die Israels Position gegen die palästinensische Demokratie unterstützt hat. Ich möchte hinzufügen, dass die Hamas nach drei Jahren als Widerstandsbewegung den Kampf gegen Israel in Gaza Anfang des Jahres gewonnen hat. Hamas hat ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt, die Palästinenser zu führen, ihre Fähigkeit das Alltagsleben der Menschen zu regeln, auch wenn die Situation sehr schwierig ist.
Samstag, 3. Oktober 2009
Verbotene Rhythmen
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Mittwoch, 30. September 2009
Ägypten: Ehemaliger Richter wirft Mubarak Wahlbetrug und Missbrauch des Justizwesens vor
"Es ist klar, dass das Regime ehrliche Richter nicht besonders mag", fasst er gegenüber der ägyptischen Tageszeitung al-Masri al-Yawm seine Enttäuschung über die politische Instrumentalisierung der ägyptischen Justiz zusammen.
Khodeiri gehörte zudem dem formal höchsten juristischen Gremium Ägyptens, dem Obersten Verfassungsrat, an. Nach der umstrittenen Wiederwahl Mubaraks 2005 hatte dieser eine Untersuchung der erhobenen Vorwürfe veranlasst. Wohl zur unangenehmen Überraschung des ägyptischen Präsidenten stellte das Gremium schwerwiegende Unregelmäßigkeiten und klare Gesetzesbrüche fest - und brüskierte Mubarak, der jeglichen Betrug kategorisch von sich wies, als es von "weitreichenden Wahlfälschungen" sprach.
Bereits in der Vergangenheit hatte der Oberste Verfassungsrates Mubarak ein ums andere Mal düpiert und die ihm formal zustehende Unabhängigkeit auch tatsächlich bewiesen. So ordnete das Gremium in den 1980ern zweimal die Auflösung der Volksversammlung an, im Jahr 2000 wurden die Parlamentswahlen der Jahre 1990 und 1995 für gefälscht erklärt.
Mubarak reagierte - und machte Mitte Juli 2009 von seinem Ernennungsrecht für den Obersten Verfassungsrat Gebrauch. Al-Ahram gegenüber mutmaßte Khodeiri damals, dass "Mubarak alle Hebel in Bewegung setzt, um die wichtigen Posten in der Justiz mit absolut loyalen Günstlingen zu besetzen." Auswirkungen hat das vor allem auf die anstehenden Präsidentschaftswahlen 2011 und die wohl bevorstehende Machtübergabe Mubaraks, die der scheidende Präsident wohl ganz nach seinen Vorstellungen sicherstellen will.
Der neue Vorsitzende des Obersten Verfassungsrates, der 68-jährige Farouk Sultan, soll dafür Gewähr tragen, schließlich wird er in dieser Funktion auch die Oberste Wahlkommission leiten und über die Zulassung aller Kandidaten entscheiden. Khodeiri verweist auf das Beispiel der letzten Wahlen 2005 und den damaligen Vorsitzenden des Obersten Verfassungsrates Mamdouh Marei. "Nicht wenige glauben, dass Marei, in Abwesenheit internationaler Wahlbeobachter, die Präsidentschaftswahlen 2005 zugunsten Mubaraks manipuliert habe. Zur Belohnung wurde er danach umgehend zum Justizminister ernannt."
Das ist nicht der einzige Vorwurf in Richtung Marei, dem er zudem direkte Einmischung in die Rechtsfindung, besonders in politisch motivierten oder brisanten Fällen vorwirft: "Es gibt einige Richter, die bestimmte sensible politische Fälle bekommen, um ein bestimmtes, von der Regierung gewünschtes Urteil zu bekommen. All dies geschieht auf Anordnung des Justizministers."
Montag, 28. September 2009
Fastenbrechen in Marokko - 100 Polizisten gegen 10 Sandwichs
Freitag, 25. September 2009
Türkei und Syrien: Ein neues Bündnis am Horizont ?
Im Schatten des medialen Großaufgebots scheint jedoch eine neue Allianz am Horizont, die möglicherweise die politischen und ökonomischen Dynamiken der Region eher verändern kann.
Denn der beidseitige Abschaffung der Visapflicht soll nur der Anfang sein für eine neue Ära umfassender syrisch-türkischer Partnerschaft, wie beide Seiten deutlich machten.
Noch vor zehn Jahren schien das fast undenkbar. Unversöhnlich standen sich die Türkei und Syrien gegenüber. Der Streit um Zugang und Nutzung des Euphrat-Wassers sowie die unverhohlene Unterstützung Syriens für die kurdische Arbeiterpartei PKK führte zu ständigen Spannungen und Grenzscharmützeln. Nur zaghaft ging Bashar al-Assad nach seiner Amtsübernahme auf den Nachbarn zu. Erst als der Politikprofessor Ahmet Davutoglu als Außenminister eine neue Vision der regionalen Rolle der Türkei formulierte, näherten sich Ankara und Damaskus an und stellten fest, dass beiden Staaten Kooperation mehr nützt als latente Feindschaft.
Auf mehrere Gebieten könnte die neue Allianz wesentliche Auswirkungen haben:
1. Wirtschaft:
Bereits im letzten Jahr schloss die Türkei ein ähnlichen Vertrag zum Reise- und Warenverkehr mit der irakischen Regierung unter Nuri al-Maliki, mit dem Iran ist ein solches Abkommen schon seit Jahren in Kraft. Dieser neue "Schengen-Raum" soll langfristig den zweiten integrierten Wirtschaftsgroßraum im Nahen Osten - neben der Golfregion - schaffen. Zudem soll sich die Chance bieten, einen für den Nahen Osten so typischen Wasserkonflikt auf friedliche Weise und im Konsens zu regeln.
2. Israel/Palästina:
Lange Zeit stand die Türkei abseits der wichtigen Akteure im zentralsten aller Nahostkonflikte. Die meisten arabischen Staaten verurteilten die regional einmalig engen Beziehungen Ankaras, und besonders des politischen einflussreichen Militärs, zu Israel. Die AKP und Davutoglu schlugen einen neuen Kurs ein und sucht nun gerade dieses traditionell gute Verhältnis zu Israel zu nutzen, um als neuer Friedensvermittler zur Regionalmacht aufzusteigen. Auf arabischer Seite wiederum konnte die türkische Führung wiederum glaubhaft punkten, als Ministerpräsident Erdogan auf dem Weltwirtschaftsforum im Davos Anfang 2009 Israels Präsidenten Shimon Peres öffentlich scharf für den Gazakrieg geißelte und die indirekten Friedensverhandlungen auf Eis legte.
Aus syrischer Sicht ist das durchaus von Vorteil. Denn seit dem Antritt der Rechtskoalition um Benjamin Netanyahu und Avigdor Liebermann ist das türkisch-israelische Verhältnis sichtlich abgekühlt. Und zusammen mit den international integren Türken könnte Syrien seinen Weg aus der internationalen Isolation fortführen und seiner Verhandlungsposition erheblich mehr Gewicht verleihen.
3. Irak:
Das syrisch-irakische Verhältnis gestaltet sich dem Sturz Saddam Husseins äußerst ambivalent. Einerseits schulterte Syrien die Hauptlast des irakischen Flüchtlingsstrom, andererseits wirft Bagdad seinem Nachbarn stets vor, das Einsickern von Terroristen über die gemeinsame Grenze nicht zu unterbinden, oder gar bewusst zu fördern. So zuletzt Mitte August, als mehrere Bomben das Bagdader Regierungsviertel erschütterten und Ministerpräsident Nuri al-Maliki wütend Richtung Damaskus polterte. Die Türkei könnte zwischen beiden Streithähnen schlichten und gemeinsame Interessen aller drei Staaten, etwa in den Bereichen Wasser- und Energieversorgung, hervorheben.
Desweiteren beherbergen alle drei Staaten, sowie Iran, erhebliche kurdische Bevölkerungsanteile, wenngleich in diesem Bereich Entwicklungen in alle Richtungen möglich scheinen und nur schwer zu prognostizieren sind. Einerseits teilen alle diese Staaten die Furcht vor einem erstarkenden kurdischen Nationalismus, der von der immer selbstbewusster auftretenden Regionalverwaltung im Irak ausgeht. Insofern könnten die Kurden Gefahr laufen, koordinierten Repressionen seitens Syriens, Irans und der Türkei ausgesetzt zu werden. Andererseits stellen Kurden ein wichtiges Wählerpotenzial für die türkische Regierungspartei AKP, die innerhalb der stark nationalistischen Parteienlandschaft den kulturellen Rechten der Kurden noch am offensten gegenübersteht. Offene militärische Interventionen im Irak, wie zuletzt 2007, sind unter Davutoglu jedenfalls kaum zu erwarten. Mehr kulturelle Rechte und ein erleichterter Waren- und Reiseverkehr könnte denn auch den Lebenstandard der kurdischen Bevölkerung heben und, so das Kalkül, dem kurdischen Nationalismus den Wind aus den Segeln nehmen.
4. EU-Beitritt:
Inwiefern die türkisch-syrische Allianz die Ambitionen der Türkei auf den EU-Beitritt beeinflusst, kann unterschiedlich interpretiert werden. Auf den ersten Blick scheint Ankara auf die stockenden Beitrittsverhandlungen mit einer Umorientierung gen Orient zu reagieren. In einem solchen zukünftigen Staatenbündnis könnte Ankara dann sogar eine führende Rolle spielen und wäre nicht auf eine Appanage am Rande Europas reduziert. Andererseits aber kann das türkische Engagement in Nahost gerade als eine Art Bewerbungsschreiben für einen EU-Beitritt gedeutet werden. Die Türkei unterstreicht die Bedeutung, die ihr Einfluss auf die verschiedenen, oben angeführten, Konfliktfelder der Region für die EU haben kann und steigert so ihren Wert für das europäische Staatenbündnis. Sowohl in Fragen der Energieversorgung, als auch der Außen- und Sicherheitspolitik könnte die Türkei als entscheidendes Bindeglied auftreten und dem internationalen Gewicht und dem regionalen Ansehen der EU wieder zu Geltung verschaffen.
5. Türkisch-Arabisches Verhältnis
Die Spannungen zwischen Syrien und der Türkei beschränken sich nicht allein auf politische und wirtschaftliche Fragen. Der Gegensatz von türkischem und arabischem Nationalismus hat seit dem Ende des Osmanischen Reiches Ressentiments auf beiden Seiten unterfüttert. Die Annäherung könnte, so die Hoffnung, das gemeinsame kulturelle Erbe beider Staaten betonen. Sowohl in Syrien als auch in der Türkei könnte der erleichterte Reiseverkehr auch Begegnung und gegenseitiges Kennenlernen ermöglichen und möglicherweise zu einer Revision etablierter Geschichtsbilder der jeweiligen Nationalismen führen.
Die Wunden der Vergangenheit werden allerdings noch eine Weile brauchen, um zu heilen. Das gilt insbesondere für die syrische Seite, die noch immer auf den Sanjak Alexandretta im Nordwesten besteht, der 1939 von der Türkei annektiert worden war. Das Gebiet um die alte Metropole Antiochia ist auf jeder syrischen Karte als integraler Bestandteil Syriens ausgewiesen, Damaskus hat die Annexion nie akzeptiert. Das umstrittene Territorium könnte so als großer Zankapfel der gegenseitigen Annäherung im Weg stehen - kann aber genauso gut davon profitieren und als gemeinsamer Begegnungsort zwischen Türken und Arabern voranschreiten.