Dienstag, 23. August 2005

Gaza: Hoffen auf Wirtschafts-Boom


Nach der vollständigen Räumung aller jüdischen Siedlungen im Gazastreifen wartet die palästinensische Bevölkerung gespannt auf die Auswirkungen dieses Schrittes auf ihre Wirtschaft. Wird das 378 Quadratkilometer große Gebiet durch eine Luft-, Wasser- und Landbelagerung durch Israel zum größten Gefängnis der Welt? Können die 1,325 Millionen Einwohner des Küstenstreifens abgeschnitten von ihren Landsleuten im Westjordanland wirtschaftlich prosperieren?
Das Ergebnis der bisherigen vier Jahre mit Ariel Scharon als israelischem Ministerpräsidenten ist ein totaler Kollaps aller Voraussetzungen für einen überlebensfähigen palästinensischen Staat. Nach Angaben der Weltbank sank das Brutto-Inlandsprodukt in den palästinensischen Gebieten seit 2000 um mehr als 40 Prozent, die Arbeitslosigkeit hat sich verdoppelt, die Anzahl der in Armut lebenden Menschen gar verdreifacht. In Gaza leben heute 70% der Palästinenser unter der Armutsgrenze, jedes 5. Kind ist unterernährt.
Die mit 3505 Einwohnern pro Quadratkilometer extrem dichte Besiedlung des Gaza-Streifens, der flächenmäßig nicht einmal halb so groß ist wie die Stadt Berlin, kann kein Hinderungsgrund für eine blühende Wirtschaft sein. In Singapur, wie Gaza ein Gebiet praktisch ohne Rohstoffvorkommen, leben über 7000 Personen auf einem Quadratkilometer, dennoch hat der Staat ein Bruttoinlandsprodukt von über 86 Milliarden US-Dollar und zählt damit zu den asiatischen "Tiger-Staaten".
Auch wenn dieser Vergleich unangemessen scheint, verweist der libanesische Wirtschaftsexperte Khatoun Haidar auf das große menschliche Potential Palästinas , neu-deutsch Humankapital genannt, sowie auf die große Zahl an Exil-Palästinensern die schon heute mehr als 1 Milliarde US-Dollar pro Jahr allein in den Gaza-Streifen pumpen.
Doch auch nach dem israelischen Rückzug aus Gaza steht und fällt ein wirtschaftlicher Aufschwung mit dem Wohlwollen der israelischen Regierung. Auch nach Einschätzung der Weltbank werden bei einer Fortführung der Abreigelungs-Politik Israels Arbeitslosigkeit und Armut unter den Palästinensern ansteigen und damit letztlich neuen Hass gegen Israel säen. Ziel sollte es daher laut Khatoun Haidar sein, einen möglichst freien Warenaustausch zwischen palästinensischem und israelischem Gebiet bei gleichzeitiger Wahrung der legitimen Sicherheitsinteressen Israels zu ermöglichen.
Natürlich entbindet dies die Palästinenser nicht von ihrer Verantwortung für ihre Wirtschaft. Für Hamas und Islamischen Jihad ist es nun an der Zeit mit der palästinensischen Autonomiebehörde auch um ihre Rolle bei der wirtschaftlichen Entwicklung des Gaza-Streifens zu ringen. Erst wenn alle Gruppen bereit sind ihren Beitrag für einen wirtschaftlichen Aufschwung zu leisten, war der israelische Rückzug aus Gaza ein erster Schritt zu einem prosperierenden palästinensischen Staat.

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