Mittwoch, 1. März 2006

Ägypten: Hoffnungen auf politische Liberalisierung enttäuscht


Die Hoffnungen, die ägyptische Oppositionelle und internationale Beobachter mit den letzten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen verbunden hatten, haben in den letzten Wochen einen herben Dämpfer erfahren.
Trotz der erheblichen Unregelmäßigkeiten und gewalttätigen Ausschreitungen sahen viele in dem Urnengang und dem noch nie so starken internationalen Interesse daran einen ersten Schritt zur politischen Liberalisierung des ägyptischen Systems.
Es waren nicht zuletzt die Vereinigten Staaten, die ihren Verbündeten Hosni Mubarak dazu drängten und einen positiven Präzedenzfall für die gesamte Region setzen wollten. Umso frustierender empfanden die Amerikaner den Ausgang der Wahlen, aus dem, wie auch in den palästinensischen Gebieten, islamistische Kräfte gestärkt hervorgingen.
Von einer neuen Strategie, die die säkulare Opposition unterstützen könnte, ist indes noch nicht in Planung. So wirkte die Aufforderung von US-Außenministerin Condoleezza Rice im Rahmen iher Nahost-Tour, "die ägyptischen Oppositionellen sollten zusammenarbeiten, um politisches Gewicht zu erlangen" auch relativ hilf- und planlos.
Denn der Grad der politischen Repression hat in den letzten Wochen eine neue Stufe erreicht: Die letzte Runde der Parlamentswahlen wurde verschoben, Richter, die den Ablauf der Wahlen kritisiert jatten, wurden ihrer Imunität enthoben, mehrere Journalisten wegen Verleumdung angeklagt und der Oppositionelle Ayman Nour sitzt noch immer im Gefängnis.
"Für uns sind das klare Anzeichen dafür, dass die Regierung weit davon entfernt ist ihre Versprechen einzulösen und den reformistischen Block zerschlagen will.", kommentiert dazu Saadeddin Ibrahim, Soziologe an der American University of Cairo, gegenüber der Londoner Zeitung "Al-Sharq Al-Awsat". Ibrahim ist einer der prominentsten Kritiker des NDP-Regimes Hosni Mubaraks und kam im September 2000 wegen ähnlicher Äußerungen vor Gericht. Ebenso wenig Glauben schenkt er den Beteurungen Gamal Mubaraks, nicht die Nachfolge seines Vaters antreten zu wollen: "Nachdem sie die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen überstanden hat, glaubt die NDP den nötigen Spielraum zu haben, um die politische Landschaft nach ihren Vorstellungen umzuformen und Gamal Mubarak den Weg ins Präsidentenamt zu ebnen."
Sichtlich enttäuscht resümiert denn auch Ibrahims Kollege, der Politikprofessor Walid Kazziha: "Mein Gefühl war, dass der amerikanische Druck ein Fenster für die Repolitisierung einiger arabischer Gesellschaften öffnen würde, die vorher komplett geschlossen waren. Aber mein Gefühl jetzt ist, dass sich das Fenster der Möglichkeiten gerade wieder schließt."

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