Freitag, 24. März 2006

West-Jordanland: Folgen der israelischen Besatzung

Das von der israelischen Armee im Westjordanland umgesetzte eingeschränkte Bewegungsrecht für Palästinenser hat zur Bildung zahlreicher palästinensischer Enklaven geführt, die trotz ihrer geographischen Nähe von einander isoliert sind. Wie die israelische Tageszeitung "Haaretz" heute berichtet, haben permanente und mobile Checkpoints, sowie die Einschränkung des palästinensichen Verkehrs auf wichtigen Nord-Süd- und West-Ost-Verbindungsstraßen direkte Verbindungslinien zwischen großen Teilen des Westjordanlandes durchschnitten.

Hunderte Ausfahrten aus palästinensischen Gemeinden auf Hauptverkehrsstraßen werden blockiert, die Einfahrt in das Jordantal, nach Ost-Jerusalem oder in Enklaven zwischen dem Sperrzaun und der Green Line wird nur Anwohnern gestattet. Andere Palästinenser benötigen für den Einlass in diese Gebiete eine Sondergenehmigung, die allerdings nur selten erteilt werde.
Weitere Folgen der israelischen "Differenzierungspolitik" sind nach Angaben der Haaretz: Palästinenser dürfen mit ihren Autos nicht durch den Checkpoint Abu Dis zwischen dem nördlichen und dem südlichen Teil hin- und herfahren; privater Autoverkehr von und nach Nablus ist ihnen untersagt; die Durchfahrt des Qalandiyah Checkpoint ist nur Bewohnern Jerusalems in Fahrzeugen mit israelischen Nummernschildern gestattet. Nach Angaben des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Aufgaben (OCHA) haben die Checkpoints Abu Dis, Qalandiyah und Zaatara, die "Flaschenhälse" bildeten, zu einer Dreiteilung der West Bank geführt. Die Bewegung innerhalb dieser Zonen sei weniger beschränkt als die zwischen den Gebieten. Gleichzeitig erklärte die Vereingung für Bürgerrechte in Israel (ACRI) auf Anfrage von Haaretz, dass es immer wieder zu zeitlichen Restriktionen für einzelne Dörfer oder Bevölkerungsgruppen komme.

Verheerend wirken sich diese Folgen der israelischen Besatzung für die palästinensische Wirtschaft aus. Zwar sei das Bruttoinlandsprodukt der palästiensischen Gebiete 2005 zwischen acht und neun Prozent gestiegen, doch sei das BIP pro Kopf seit 1999 um etwa 30% geschrumpft. Hierfür macht die Weltbank in erster Linie die israelischen Beschränkungen für Handel und Verkehr verantwortlich, die verhinderten, dass die palästinensische Wirtschaft ihr Potential voll ausschöpfe.
Nach Angaben des Ökonomen Hisham Awartani haben die israelischen Bestimmungen dazu geführt, dass sich die Kosten für den Transport von Waren und Rohstoffen verfünffacht hätten. Lange Wartezeiten an Checkpoints und schlechte Strassen würden Güter und Agrarprodukte beschädigen. Bei einem Treffen mit palästinensischen Geschäftsleuten, Diplomaten und dem Weltbank-Vertreter David Craig, erklärte Awartani vor 14 Tagen, die Restriktionen würden palästinensischen Bauern und Produzenten den Wettbewerb erschweren.
Seinen Angaben zufolge haben sich die palästinensischen Exporte nach Israel seit 2000 halbiert. Israelische Importe nach Gaza oder in die West Bank sind wegen der schwindenden Kaufkraft im gleichen Zeitraum um 34% zurückgegangen.
Die Arbeitslosenrate im Westjordanland lag im ersten Quartal 2005 nach Angaben der Weltbank bei 29% (Gaza 20%) und damit etwa doppelt so hoch wie zu Beginn der Al-Aksa-Intifada. In der Gruppe der 20 bis 24-Jährigen lag die Quote gar bei 34%. 43 Prozent der Palästinenser leben unterhalb der Armutsgrenze.

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