Samstag, 25. März 2006

Libanon: Verheerende Bedingungen in palästinensischen Flüchlingslagern

Vor fast sechs Jahrzehnten kamen die ersten palästinensischen Flüchtlinge in den Libanon - gestern haben erstmals libanesische Regierungsmitglieder ein palästinensisches Flüchtlingslager offiziell betreten. Drei Minister besuchten am Freitag Flüchtlingscamps in Beirut und im Süden des Landes um sich aus erster Hand einen Eindruck von den Lebensbedingungen der Flüchtlinge zu machen.
Bildungsminister Khaled Qabbani, der die Gruppe anführte, zeigte sich anschließend erschüttert über die Zustände in den Lagern.: "Was wir in den Camps sahen, ist ein wahres humanitäres Drama, das das internationale Bewusstsein erschüttern muss. Es ist undenkbar, dass dies anhält und die Palästinenser weiter in diesen Lebensumständen, die einem Angriff auf die menschliche Würde und die Menschenrechte nahekommen, leben müssen."

Die Rundfahrt begann am Morgen mit einem Besuch der Beiruter Flüchtlingslager Sabra und Shatila wo sie Blumenkränze auf jenem Friedhof niederlegten auf dem die Opfer des Massakers vom September 1982 begraben sind. Damals hatten phalangistische Milizen unter Führung von Elie Houbeika 700 bis 3500 Palästinenser, unter ihnen viele Frauen und Kinder, ermordet. Zum Zeitpunkt des Massakers war das Gebiet unter Kontrolle der israelischen Streitkräfte. Die Kahan-Kommission, die von der Knesset einberufen wurde, machte die IDF für die Verbrechen "indirekt verantwortlich", der damalige Verteidigungsminster Ariel Scharon galt als "persönlich verantwortlich" und musste zurücktreten.
Auch die Lager Rashidieh und Al-Chimali wurden besucht, wo die Minister mit Palästinenser-Vertretern, unter anderem dem Fatah-Generalsekretär im Libanon, Sultan Abu al-Aynayn, zusammentrafen. Gesundheitsminister Mohammad Khalifeh erklärte nach dem Gespräch.: "Die palästinensische Sache ist Teil der libanesischen Gesellschaft, aber der Libanon kann die Probleme der Palästinenser nicht im Alleingang lösen."

Bislang wurden die Probleme der knapp 400000 palästinensischen Flüchtlinge im Zedernstaat von der Politik weitgehend negiert. Ihnen werden die elementarsten staatsbürgerlichen Rechte verwehrt: Sie dürfen kein Eigentum besitzen, haben keinen Anspruch auf Krankenversorgung, und dürfen erst seit Juni 2005 Anträge auf Arbeitserlaubnis stellen. Dies soll sich nach Angaben von Bildungsminister Qabbani künftig ändern.: "Premierminister Fouad Siniora will die Regel brechen und die Palästinenser-Frage nicht nur nach ihren Sicherheitsaspekten beurteilen. Er will die Lage des palästinensischen Mannes in den Flüchtlingslagern in den Mittelpunkt stellen, der hinsichtlich seiner Heimat, Gesundheit, Bildung und Arbeit leidet."

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ja, das ist die größte Schuld der arabischen Welt, dass sie 60 jahre sich um ihre Landsleute nicht im geringsten gekümmert haben. Weder der bis 1975 recht wohlhabende Libanon noch irgendeiner der anderen reichen Ölstaaten.
Vergleichen wir mal: Selbst die kriegszerstörte und von der Besatzungsmacht ausgeplünderte DDR hat fast 3 Millionen Flüchtlinge aufgenommen und integriert, vom reicheren Westdeutschland (12 Millionen) wollen wir gar nicht reden.
700.000 Flüchtlinge von 1949 haben die arabischen Staaten isoliert und
diskriminert. Israel hat zur gleichen Zeit fast 800.000 vertriebene Juden aus Marokko, Irak und Jemen aufgenommen.
Roland