Donnerstag, 16. Februar 2006

Iran: Mehr als 100 Verletzte nach Zusammenstößen zwischen Sufi-Brüdern und Sicherheitskräften

Etwa 100 Menschen wurden bei gewaltsamen Zusammenstößen muslimischer Mystiker, so genannter Sufis, mit Sicherheitskräften und schiitischen Hardlinern in der Stadt Qom, dem Sitz der bedeutendsten schiitischen Theologieschule Irans, verletzt.
Unter den Verletzten befänden sich 34 Polizisten, erklärte Ahmad Hajizadeh, Vize-Gouverneur der Stadt, gegenüber Pressevertretern. Drei von ihnen schwebten seinen Angaben zufolge in Lebensgefahr.
Nach Angaben der Lokalregierung seien die Mystiker Anhänger des Nematollahi-Ordens. Dieser sei von den Behörden aufgefordert worden, die Shariyat-Moschee in Qom bis zum Freitag vergangener Woche zu räumen. Nach dem ergebnislosen Verstreichen dieses Ultimatums sei die Gebetshalle der Moschee gestürmt und anschließend zerstört worden. "Nach der Zerstörung der Shariyat-Gebetshalle und der Verhaftung von 1200 Derwischen ist in Qum wieder Ruhe eingekehrt", so Hajizadeh gegnüber der in Teheran erscheinenden Zeitung "Shargh". "Die Verhafteten werden momentan verhört und mit Ausnahme der Rädelsführer werden sie schrittweise wieder freigelassen.", so der Vize-Gouverneur weiter.
Die Anhänger des Nematollahi-Ordens bezichtigte Hajizadeh des Wortbruchs. Nachdem man sich auf eine Aufgabe der Moschee geeinigt habe, hätten die Sufis Unterstützer aus dem In- und Ausland in Bussen nach Qom gebracht. "85% jener, die an den Störungen teilnahmen, kamen nicht aus unserer Stadt und manche von ihnen trugen Schusswaffen bei sich."
Die islamische Mystizismus, der von einer Vielzahl von Sufiorden praktiziert wird, zieht seit Jahrzehnten den Argwohn der orthodoxen sunnitischen und schiitischen Hauptströmungen des Islam auf sich. Im schiitischen Islam sehen sich zudem viele Sufi-Bruderschaften dem Vorwurf der Häresie ausgesetzt, da ihnen häufig Verbindungen mit dem von Minderheiten in Syrien und Türkei praktizierten alewitischen Glauben unterstellt werden, deren Anhänger von orthodoxen schiitischen Gelehrten als "Ghulat", Übertreiber, bezeichnet werden.

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